Monsieur Daumier, Ihre Serie ist reizvoll !

Der Daumier-Bestand der Staatlichen Graphischen Sammlung München in einem opulenten Bestandskatalog

von Frank Becker

© Deutscher Kunstverlag
Monsieur Daumier,
Ihre Serie ist reizvoll !
 
Der Daumier-Bestand der
Staatlichen Graphischen Sammlung
München
in einem opulenten
Bestandskatalog
 
Das humorvoll-bissige illustrative Werk Honoré Daumiers (* 26. Februar 1808 in Marseille; † 10. Februar 1879 in Valmondois), des bedeutendsten französischen Graphikers und Karikaturisten des 19. Jahrhundert, Zeitgenosse Georges Marquets, des ebenso gesellschaftskritischen Karikaturisten- Kollegen, gehört zum ewigen Kanon der brillanten gezeichneten Satire. Ein Impulsgeber auch für deutsche Zeichner wie Heinrich Zille, A. Paul Weber und Alfred Kubin, war Daumier seinerseits gewiß auch ein Erbe seines Landsmanns Grandville (eigentlich Jean Ignace Isidore Gérard, * 13. September 1803 in Nancy; † 17. März 1847 in Vanves) und des oft als Urvater des Comic-Strip bezeichneten beschrieben Schweizers Rodolphe Toepffer (* 31. Januar 1799 in Genf; † 8. Juni 1846 in Genf).

Die Staatliche Graphische Sammlung München ist dank einer Stiftung des Sammlerehepaares Walter und Brigitte Kames im Besitz von 3.085 Lithographien und 30 Holzschnitten aus dem druckgraphischen/litographischen Œuvre Daumiers. Die Stiftung ergänzte das bereits vorhandene Konvolut von rund 650 Lithographien und 60 Holzschnitten. Ein Teil des nun deutschlandweit umfangreichsten Bestands an Druckgraphiken von Daumier wurde um die Jahreswende in einer großen Ausstellung der Münchner Pinakothek der Moderne vorgestellt. 240 Arbeiten Daumiers wurden erstmals seit der Stiftung öffentlich gezeigt.
 
Zu der Präsentation haben Birgitta Heid, Silke Reiter und Andreas Strobl mit eigenen und essayistischen Beiträgen weiterer Autoren einen Katalog erarbeitet, der den gesamten Bestand vorstellt und sowohl dank seines Umfanges als auch seines brillanten Aufbaus und der sorgfältigen Recherche als Standard- und Referenzwerk zu Daumiers Druckgraphik gelten kann. Auf 360 reich und in höchster Qualität illustrierten Seiten entfaltet sich in Essays von Birgitta Heid, Silke Reiter, Andreas Strobl, Alexander Roob, Franziska Butze und Christien Melzer sowie im Katalogteil mit seinen Kapiteln über Politik und Politiker, Anwälte und Mandanten, Banker, Profitmacher und Aktionäre, Geschlechterrollen und Familienleben, Paris und die Pariser Bürger ein brillantes Gesellschaftsbild Frankreichs am Beispiel Paris der Mitte des 19. Jahrhunderts.


Gargantua, 1831

Die von Birgitta Heid, Silke Reiter und Andreas Strobl vortrefflich zusammengestellte Kurzbiographie Honoré Daumiers läßt in ihrer übersichtlich kompakten Form nichts zu wünschen übrig. Daumiers Karriere als Zeichner beginnt 1830 mit seiner ersten Karikatur für die Satirezeitschrift „La Silhouette“, im folgenden Jahr schafft er mit der sogleich von der Zensur verbotenen Lithographie „Gargantua“, die König Louis Philippe als unersättlichen Vielfraß aufs Korn nahm, eine seiner bis heute wohl berühmtesten Arbeiten für das neue, von Charles Philipon gegründete Satireblatt „La Caricature“, für das Honoré de Balzac als Textredakteur und Grandville als Zeichner arbeiten. Die kritische Tätätigkeit des Karikaturisten war und ist bis auf den Tag mit Risiken verbunden (denken wir an Kurt Westergaard und seine Mohammed-Karikaturen) und wird von Diktatoren, Potentaten und Fanatikern argwöhnisch beobachtet. Kein Wunder also, daß Daumier nicht nur einmal mit der Obrigkeit in Konflikt geriet, seiner kritischen Zeichnungen wegen sogar eingesperrt wurde. Seine große Zeit begann 1833 mit dem Eintritt in die Redaktion von „Le Charivari“, für die er in den folgenden 40 Jahren weit über 3.000 Lithographien schuf.
 
Der nun vorliegende Band über das satirische, komische, oft aber auch bitterböse Werk Daumiers in der Staatlichen Graphischen Sammlung München ist ein wichtiges, unverzichtbares Referenz- und Standardwerk sowohl zum Werk Honoré Daumiers wie auch zur Geschichte der französischen Karikatur des 19. Jahrhunderts. Seine hohe Qualität veranlaßt uns zu unserer höchsten Anerkennung: dem Musenkuß.
 

Das Pferd ist ein gesundes und gut bekömmliches Nahrungsmittel..., 1856
 
„Monsieur Daumier, Ihre Serie ist reizvoll !“
Staatliche Graphische Sammlung München (Hg.) - Die Stiftung Kames
 
Katalog zur Ausstellung der Staatlichen Graphischen Sammlung München in der Pinakothek der Moderne vom 6. Dezember 2012 bis 17. Februar 2013.
Mit Beiträgen von Birgitta Heid, Christien Melzer, Silke Reiter, Alexander Roob und Andreas Strobl
 
© Deutscher Kunstverlag, 360 Seiten mit 397 meist farbigen Abbildungen, Hardcover 24 x 32 cm, Kurzbiographien der karikierten Politiker, Bestandsliste, Personenregister - ISBN: 978-3-422-07175-9
35,00 € (D)
 
Weitere Informationen: www.deutscherkunstverlag.de