Im Hebbel-Jahr

„Ergründe die Welt, und nicht die Bücher“ (Friedrich Hebbel)

von Robert Sernatini

Friedrich Hebbel
Wiederentdeckung zum Hebbel-Jahr
 
 
„Alles Leben ist Kampf des Individuellen mit dem Universum“
(Tagebuch)
„Das ganze Leben ist ein verunglückter Versuch des Individuums,
Form zu erlangen“
(Tagebuch, 19. August 1843)
 
Kennen Sie eigentlich noch Friedrich Hebbel? Der norddeutsche Dichter (1813-1863), vor 100 Jahren mit Werkausgaben neben Schiller, Goethe, Uhland und Kleist Standard in den Bücherschränken des deutschen Bildungsbürgertums und in Schulbüchern mit seinen Gedichten vertreten, ist sein Name in der Rezeption des späten 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts verblaßt. Vor allem jüngeren Lesern dürfte er mittlerweile redlich unbekannt sein. Ein weitgereister Mann - seine Briefe zwischen 1842 und 1862 kommen u.a. aus Kopenhagen, Paris, Rom, Neapel, Wien, London, Berlin, München, Marienbad und Gmunden – konnte Hebbel auf Literatur und Philosophie der großen europäischen Kulturvölker zugreifen, sein Wissen im persönlichen Gespräch mit großen Zeitgenossen vermehren und seiner Leserschaft zugänglich machen.
Friedrich Hebbels Aufsätze, Bemerkungen und Reflexionen zu Philosophie und Religion, Geschichte und Kunst, Literatur und Theater sind, wenn auch z.B. seine Sicht der Emanzipation des Weibes heute kaum mehr bestehen kann, ein Schatz, den zu heben sich auch 150 Jahre nach seinem Tod noch/wieder lohnt. 
 
Eine sehr persönliche Auswahl aus den Briefen, den Tagebüchern, den ›Vermischten Schriften‹ und dem Nachlaß Hebbels wurde 1909 von keinem Geringeren als Egon Friedell (Kulturgeschichte des Altertums und der Neuzeit) für den Stuttgarter Verlag Robert Lutz zusammengestellt und mit einem biographischen Abriß im Vorwort ausgestattet. „Hebbels philosophische Hauptarbeit ist in zwei umfangreichen Sammlungen enthalten: den ›Vermischten Schriften‹, die im Wesentlichen die Aufsätze und Kritiken enthalten, und den ›Tagebüchern‹. Die ›Tagebücher‹ sind vielleicht das Beste, was Hebbel geschrieben hat: von unerschöpflichem Gedankenreichtum, höchster Universalität des Urteils und der Beobachtung und voll von überraschenden Antizipationen der modernsten Gedankengänge.“ (Egon Friedell im Vorwort). Vergessen wir darüber aber nicht Hebbels höchst lebendige Briefe (s.o.), seine ästhetischen Schriften und das lyrische Werk. Friedells Auswahl vermittelt ein greifbares Bild des Philosophen und Kritikers, das dazu anregt, sich auch seinen Dramen und Gedichten erneut zuzuwenden.
 
Der Diogenes Verlag hatte das kompakte Werk bereits 1992 für eine Taschenbuchausgabe wiederentdeckt, jetzt legt er den Band zum zweifachen Hebbel-Jahr (200. Geburtstag, 150. Todestag) in einer feinen leinengebundenen Neuausgabe erneut vor, von Wolfgang Lorenz mit einem klugen Nachwort zu Hebbel und Friedell versehen.
 
„Wenn Du ihn nicht schon kennst, wirst Du ihn mit Nutzen kennenlernen.“
(Sigmund Freud
 

Friedrich Hebbel – „Ergründe die Welt, und nicht die Bücher“
Einfälle, Reflexionen, Beobachtungen
Herausgegeben und mit einem Vorwort von Egon Friedell (1878-1938)
 
© 2013 Diogenes Verlag, 235 Seiten, Leinen, Lesebändchen, Register – Nachwort von Wolfgang Lorenz
Erschienen im März 2013
ISBN 978-3-257-06737-8
€ (D) 16.90 / (A) 17.40
sFr 24.90* | * unverb. Preisempfehlung
Weitere Informationen: http://www.diogenes.de/