Grimms Märchen neu entdeckt

Frank Flöthmann – „Grimms Märchen ohne Worte“

von Steffi Engler

...mehr als Worte
 
Grimms Märchen neu entdeckt
 
Da fehlen Dir die Worte! Eine beliebte Redewendung, wenn man ziemlich baff ist. Gerne auch als anerkennendes Lob verwendet. Hier fehlen sie dem Betrachter im doppelten Sinn. Oder auch nicht. Der Graphiker Frank Flöthmann hat nämlich zum Brüder Grimm-Jahr 2013 eine Auswahl der bekanntesten Märchen aus der Sammlung von Jacob und Wilhelm Grimm in eine zeitgemäße Form gebracht und zu der seit der Erstausgabe der Kinder- und Hausmärchen besten Neufassung zusammengestellt. Was etwas heißen will, denn 200 Jahre sind darüber hinweggegangen – und ungezählte Ausgaben, Illustrationen, Interpretationen, Kontrafakturen, Real- und Trick-Verfilmungen etc. etc. Denken wir hier nur an Hans Traxlers „Die Wahrheit über Hänsel und Gretel“, den Rolf Thiele Film „Grimms Märchen von lüsternen Pärchen“, Oliver Ottitschs gezeichnete Märchenparodien oder die aktuelle Remscheider Theaterparodie auf „Dornröschen und Joachim Klingers etwas anderes Rapunzel-Gedicht.
 
Frank Flöthmann aber hat etwas gänzlich Neues geschaffen: Grimms Märchen ohne Worte. Nehmen Sie das bitte wörtlich. Da gibt es keine Buchstaben, Sprechblasen, Texte – nur streng graphisch gezeichnete, dennoch gewandt redende Bilder mit allgemeingültigen Symbolen, Piktogrammen. Mit denen erzählt er die bekannten Geschichten mit völlig neuen Aha!-Erlebnissen neu. Rotkäppchen, Hänsel und Gretel, Der Froschkönig, Die Bremer Stadtmusikanten, Rumpelstilzchen, Schneewittchen, Daumesdick, Aschenputtel, Hans im Glück, Frau Holle, Der gestiefelte Kater, Das tapfere Schneiderlein, Dornröschen, Rapunzel, Tischlein deck dich/Goldesel/Knüppel aus dem Sack, Der Wolf und die sieben Geißlein hat er sich mit viel Humor, Ideenreichtum, gleichzeitig ironisch und doch äußerst liebevoll vorgenommen, dabei ein wenig „entschärfend“ in die doch oft sehr grausamen Märchenvorlagen eingegriffen.
 
Daraus wurde das lustigste Märchenbuch, das ich je in die Hände bekommen habe, eines, das natürlich die Kenntnis der Stoffe voraussetzt, dann aber für den kleinen und ganz besonders den erwachsenen Betrachter ein herrliches Vergnügen ist. Noch schöner wird es beim gemeinsamen Betrachten der durch ihre pralle Farbigkeit in ausschließlich den Grundfarben Rot, Grün, Schwarz und Weiß gehaltenen Bildfolgen. Das (Wieder-)Erkennen in den unerhört witzigen Bilderfolgen, die sich einen Teufel um eine „ordentliche“ Reihenfolge auf den Seiten scheren, macht nämlich zu zweit noch mehr Spaß als alleine – obwohl ich zugeben muß, daß ich auch alleine glucksend vor Vergnügen „meine“ Kindheitsmärchen mit völlig neuen Erkenntnissen gelesen (kann man das eigentlich so überhaupt sagen?) habe. Soviel steht fest: das Buch gebe ich nicht wieder her, werde es gleich neben meine KHM stellen und sicher oft zur Hand nehmen. Für „Grimms Märchen ohne Worte“ hat Frank Flöthmann den Musenkuß verdient. Hiermit verliehen.  
 
Frank Flöthmann – „Grimms Märchen ohne Worte“
© 2013 Dumont Verlag, 88 Seiten, Hardcover, 24 x 29,5 cm, durchweg farbig illustriert - ISBN 978-3-8321-9708-7
16,99 € [D] / 24,50 sFr.

Damit Sie eine Idee bekommen, hier die Geschichte vom Froschkönig:




© Frank Flöthmann


Zum Brüder Grimm-Jahr: www.grimm2013.nordhessen.de

Redaktion: Frank Becker