Nicht aus dem „Goldenen Blatt“

Umjubelter Erfolg für Kristina Otten im WTT mit „Was macht eigentlich Dornröschen?“

von Frank Becker

Dornröschen kann nicht schlafen und liest - natürlich Cartoons von Peter Thulke - Foto © Frank Becker

Eine Prinzessin, nicht aus dem „Goldenen Blatt“
 
Umjubelter Erfolg für Kristina Otten mit „Was macht eigentlich Dornröschen?“
 
 
Remscheid. Das intime WTT platzte am vergangenen Samstag zur Premiere von „Was macht eigentlich Dornröschen?“ förmlich aus allen Nähten. Alle wollten wohl wissen, was nun wirklich aus dem Dornröschen der Brüder Grimm geworden ist, nachdem ein Prinz es/sie wachgeküßt hat. Nach 200 Jahren Märchengeheimnis im Brüder Grimm-Jahr ein durchaus verständlicher Wunsch.
Claudia Sowa hat das Ein-Personen-Stück von Thomas Rau mit einigen bekannten Melodien und neuen Liedern, einem urkomischen Handpuppenspiel, einer Ballett-Einlage und mit Kristina Otten in der Titelrolle ideenreich neu eingerichtet und inszeniert, Kai Balke arrangierte und begleitete am

Der Mann am Klavier: Kai Balke - - Foto © Frank Becker
Klavier. Überhaupt: weil er das Programm mit humorvollem Pyjama-Auftritt einläutet, der Geschichte und den Liedern den sensiblen Hintergrund gibt und das Stück mit Augenzwinkern als akzeptabler Durchschnittsmann in den Armen Dornröschens beendet, nennen wir es einfach ein 1½-Personen-Stück.
 
Dornröschen ist jäh aus dem Prinzentraum erwacht - ihrer war ein glatter Reinfall, der Tag ihres Wachgeküßtwerdens ein Rosenmontag, und die schicke Prinzen-Kluft war ein schnödes Karnevalskostüm. Schnell war das Vermögen aus den Schatzkammern des Schlosses durchgebracht, der Gatte erwies sich als Schluckspecht und Fremdgänger. Der Traum vom Happy End à la Brüder Grimm fiel aus. Man geriet in die klassische Schuldenspirale, er soff und sie mußte einen Job als Bettenverkäuferin annehmen. Immerhin ist sie Fachfrau. Das Schloß mußte am Ende gegen eine Bruchbude in Remscheid eingetauscht werden. Dort wälzt sich die Blaublütige nach hundertjährigem Schlummer nun schlaflos im rosa Himmelbett, es helfen weder Pflanzenkost, Yoga am offenen Fenster und tryptophanhaltige Milch.
Was also tun? Lesen, Bügeln, Staubwischen? Da erzählt Dornröschen dem amüsierten Publikum doch lieber ihre Geschichte und verfaßt ihre Memoiren, den Pulitzer- und den Literaturnobelpreis fest im Blick Eine 90-minütige Tour de force für die quirlige Kristina Otten, die alle Emotionen zeigen darf (ein bißchen weniger „Scheiße“ im Vokabular wäre nett), in Tutu und Schlafanzugjacke – alles in Pink natürlich – urkomisch die Grundpositionen des klassischen Balletts vorstellt und allerlei Lieder, darunter deftige Mordgelüste gegen den Ex, zum Besten gibt. Kein Stück für Kinder, notabene.


Kristina Otten erzählt "Dornröschen" - Foto © Frank Becker
 
Und doch, schön wäre ja ein Mann, ein Durchschnittstyp am liebsten. Ein langer Blick fällt auf den Pianisten. Wie sie dann doch noch in einen festen Schlaf sinkt – wird nicht verraten.
Ein kurzweiliger Abend, der ein wenig knapper ausfallen dürfte, für manchen herzhaften Lacher gut ist und zu Recht bejubelt wurde.
 
Nächste Vorstellungen am  31. Mai, 14.,15. und 20. Juni, jeweils 20.00 Uhr – Kartenvorverkauf: Tel. 02191-32285 – Weitere Informationen: www.wtt-remscheid.de