Ein Menschenfreund
Eine Gerhard Haderer-Werkauswahl
Über Gerhard Haderer ist hier und anderenortes schon einiges gesagt worden. Daß seine Cartoons von WP Fahrenberg in die exquisite Reihe „Meister der komischen Kunst“ des Antje Kunstmann Verlags aufgenommen werden würde, war abzusehen und versteht sich von selbst. Nun ist es so weit, seit knapp zwei Monaten ist der Band, eine repräsentative Auswahl aus seinem umfangreichen Werk auf 110 Seiten, zu haben. Fahrenberg hat bei der Lese eine gute Hand bewiesen – schaut man sich Haderers bisheriges Gesamtwerk an, wird die herkulische Leistung begreifbar.
Zeitschriften-Cartoons, Kalender, Jahrbücher, Themen- und Auswahlbände, ja sogar Kinderbücher stehen auf Gerhard Haderers Arbeitsliste. Dazu etwas ganz besonderes: seine in der Aufmachung ganz dich an die Piccolos aus dem Lehning Verlag angelehnten schwarz-weißen Comic-Strips „MOFF“. Die nämlich sind in Deutschland noch nicht recht angekommen, während Haderers graphisch anspruchsvollen farbigen, politisch wunderbar unkorrekten, antiklerikalen, gesellschafts- und nationalkritischen, Spießer-feindlichen und oft zwar bösen, doch ebenso notwendig erschreckenden Cartoons längst auch bei den Teutonen allergrößte Beliebtheit genießen.
Gerhard Haderer zählt zu den derzeit gefragtesten Cartoonisten. Seine Auseinandersetzungen mit der Kunst, der Politik, dem Tourismus, gesellschaftlichen Fragen und dem Sport sind auf erfrischende Art wahr, ohne allzu gemein zu sein - was nicht heißen soll, daß er sich nicht auf Tiefschläge versteht.
Gegen den verlogenen Klerus, Neonazis und Machos zieht er mit gespitztem Stift zu Felde, belächelt Bürotrottel, Politiker und Kleinbürger, deutet mit ausgestrecktem Zeigefinger auf dumme Vorurteile und ihre Träger, Konsumwahn und Verfettung von Körper und Seele. Das macht nicht immer allen Spaß – so verurteilte ihn einmal ein griechisches Gericht wegen eines urkomischen Jesus-Cartoons in Abwesenheit zu 6 Monaten Haft und bei Anhängern des GröFaZ, radikalen Islamisten und Christen, Jägern, Afrika-Reiseveranstaltern, Bankern und Haider-Anhängern wird er auch nicht sonderlich beliebt sein. Wozu auch? Wer will schon solche Freunde? Er mag aber auch die liebenswerten Träumer, die noch an die Romantik glauben oder sich als Unverdrossene Alte mit Zöpfchen und Heizdecke noch einmal an Woodstock erinnern. Spätestens da versteht auch der Letzte, daß der Mahner Gerhard Haderer bei aller Gedankensäure ein Menschenfreund und beileibe kein Misanthrop ist.
Meister der komischen Kunst – Gerhard Haderer
© 2013 Antje Kunstmann Verlag, 110 Seiten, gebunden, bis auf „MOFF“ durchweg farbig illustriert, mit einem Vorwort von HP Fahrenberg und einem aufschlußreichen Interview mit dem Künstler
16,- € (D), 16,40 € (A)
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