Leise Bilder

Arbeiten von Adele Mills in der Galerie Kunstkomplex

von Frank Becker

Adele Mills, Nessie - Foto © Frank Becker
Leise Bilder
 
Arbeiten von Adele Mills
in der Galerie Kunstkomplex
 
 
Kennen Sie noch die besonders in den 1960ern populären „Wackelkarten“, Postkarten, die durch die veränderte Neigung des Blickwinkels eine neue Sicht der Motive zeigten? Zwei unter einer geriffelten Folie kombinierte, geringfügig abweichende Fotografien des selben Sujets oder zwei gänzlich unterschiedliche schufen Illusionen eines sich verändernden, gelegentlich auch scheinbar „bewegten“ dreidimensionalen Bildes. Beliebt waren Comic- und religiöse Motive, Pinups oder Tierfotos. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts wurde diese Form für die Werbung wiederentdeckt.
 
Ins gleiche Jahrzehnt fallen die Arbeiten der amerikanischen Malerin und Fotografin Adele Mills, die zur Zeit von der weltweit agierenden Remscheider Galeristin Nicole Bardohl in ihrer Wuppertaler Galerie „Kunstkomplex“ präsentiert werden. In der Ausstellung „Hostage“ zeigt die in Los Angeles ansässige Künstlerin sogenannte Mixed-Media-Paintings, für die sie sich einer Technik bedient, die so ausgefallen wie wirksam und durch ihr Ergebnis überzeugend ist: Zwei visuelle Ebenen – eine digital bedruckte fotografische Basis auf Papier oder Leinen und eine ca. 2 cm darüber gespannte, mit Acrylfarben bemalte hauchfeine transparenten Seide – verschmelzen vor dem Auge des Betrachters zu einem ähnlich wie oben beschrieben Dreidimensionalität vorspiegelnden Ganzen. Man kann das gesamte Bild weder der einen noch der anderen Ebene definitiv zuordnen. „So sind Protagonisten und Bilder Geiseln (Hostage) des Zwischenraums, denn nur dort, wo die Ebenen sich nicht berühren, ist ihre Existenz möglich. Es ist eben diese Schnittmenge von Realität und Einbildung, von Fakt und Fiktion, die die Werke von Adele Mills ausmacht“, kommentiert Nicole Bardohl die außergewöhnlich faszinierenden Arbeiten, „leise Bilder“, von denen rund zwanzig bis zum 31. Juli gezeigt werden und erworben werden können.


v.l.: Adele Mills, Nicole Bardohl - Foto © Frank Becker
 
Adele Mills ergänzt lächelnd: „Mach Dir Deine eigene Geschichte“, was nicht schwer fällt. Bilder wie das Rückenportrait „Sarah“, „Nessie“, das ein auf einen schottischen See blickendes Mädchen zeigt oder „Hostage“, zu dessen kopfloser Figur in Hausschuhen David Hockney sie angeregt hat, kommen beredt auf den Betrachter zu. Andere Bildserien scheinen ihre Figuren – meist in Rückenansicht – zu entmaterialisieren. Gelegentlich schimmern die stillen Stimmungen Edward Hoppers durch. Ein Höhepunkt in der jetzt zweieinhalbjährigen Ausstellungsgeschichte der Galerie Kunstkomplex.
Adele Mills wurde in Los Angeles geboren und hat am California Institute of the Arts (CalArts) und an der UCLA Bildende Kunst studiert. „Hostage“ ist ihre erste Einzelausstellung in Europa. Von der Galerie Kunstkomplex wurde Adele Mills bereits auf den Kunstmessen LA Art Show, AAF Brussels und der C.A.R Media Art Fair in Essen vertreten. Die Ausstellung ist bis zum 31. Juli dienstags bis freitags von 12-19 Uhr zu sehen, sowie gerne nach Vereinbarung.

Eine Anekdote am Rande: Adeles Großvater war in den 1930er Jahren in der Textilindustrie tätig und kam mit Adeles Mutter oft von Wien aus in die Elberfelder Hofaue, das damalige Zentrum des deutschen Textilhandels, um dort Stoffe zu kaufen. Davon wußte Adele Mills bis vor kurzem gar nichts. Ihre Mutter hat es ihr erzählt, als sie kürzlich durch Adele von der Ausstellung in der Galerie Kunstkomplex in der Hofaue erfuhr. Jahrzehnte später sitzt Adele in einer ehemaligen Textilfabrik in der nämlichen Hofaue und bespannt ihre Keilrahmen für die Ausstellung. Die Welt ist eben doch ein Dorf.


Hostage © Adele Mills
 
Galerie KUNSTKOMPLEX
Hofaue 54 | Eingang: Wesendonkstr. 12 - 42103 Wuppertal-Elberfeld
Tel 0202 - 39 31 24 94