Rhein und wahr

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Pssst!

3. Juni: Der virtuelle Mülleimer stammt aus dem 19. Jahrhundert. Er taucht im Display meines Handys auf, wenn ich eine Nachricht löschen will. Die Nostalgie ist in der virtuellen Welt ein tröstlicher Gedanke. Ein Mülleimer bringt alles auf den Punkt. 
 
6. Juni: Der innere Schweinehund
Der innere Schweinehund liegt noch im Bett. Weck ihn mit eiskaltem Wasser auf. Sag zu ihm „Mistkerl, du innerer Schweinehund, die Welt steht in Flammen und du schnarchst.“ Der innere Schweinehund sitzt vor der Glotze, gähnt bei den Lottozahlen und grunzt: „Für eine Million würde ich mich nur noch bedienen lassen.“ Und seine Frau nickt und drückt ihm eine Flasche Bier in die Hand und er sagt: „Du stehst im Bild und merkst es nichtmal.“
Der innere Schweinehund sitzt im Kraftraum und stöhnt beim Hanteln stemmen. Mit seinen Muskeln will er bei Deutschland sucht das Top Model mitmachen. „Heute habe ich kein Bild für Dich“, piepst dann Heidi Klum. Oh nein, wie soll man denn leben ohne Bild von sich? Da helfen nur Tränen in einem Hinterzimmer in Sao Paulo.
 
8. Juni: „Sind sie nicht dieser Geheimagent, vor dem früher alle so Angst hatten? Nein? Ach so....Ich Dummerjan. Alles klar, ich verstehe, daß sie alles abstreiten müssen. Entschuldigen Sie, ich habe ein wenig spät geschaltet. Trinken Sie ein Bier mit mir? Nein? Ach so, Sie haben Angst, dann Geheimnisse auszuplaudern. Ich verstehe. Alles, was ihre wahre Identität ans Tageslicht befördern könnte, ist tabu. Sagt man tabu? Oh, sie schweigen. Was sind Sie geschickt. Könnten Sie mir ein Autogramm auf meinen Arm geben. Sie können ruhig dazu Ihren Decknamen verwenden. Wenn ich das meiner Frau erzähle, daß wir uns getroffen haben. Psssst. Ich habe verstanden. Meine Lippen sind versiegelt. Ich werde Ihre Tarnung nicht auffliegen lassen. Meine Frau erfährt nichts. Ich glaube es nicht! Pssst. Entschuldigung. Waren sie in Mogadischu dabei? Entschuldigung. Ich könnte mir in den Arsch beißen......“
 
11. Juni: Die drei großen Fragen:
               Wo bist Du?
               Wo bleibst Du?
               Wo warst Du?
 
17. Juni: Das älter werden wäre leichter anzunehmen, wenn man dabei für junge Menschen interessanter werden würde.
 
22. Juni: Neue Sacksprichwörter:
a. Der Sack geht so lange zum Schneider, bis er reißt.
b. Lieber Sackhüpfen als Kotztüten
c. Der Zementsack scheut den Regen.
d. Der Herr der Säcke muß Eier haben.
 

© 2013 Erwin Grosche für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker