Bier her, oder ich fall um...

Stephan Rürup – „Basteln mit Bier“

von André POLOczek

Bier her, Bier her,
oder ich fall um...
 
Die Frage, ob man mit Bier basteln kann, ist endlich beantwortet. Man kann! Und man kann mit den Ergebnissen dieser Bastelei sogar ein Buch füllen. Die sich anschließende Frage ist: „Sollte man mit Bier basteln?“ Sollte man aus einem Brauprodukt, beziehungsweise aus den Behältnissen, in denen es in den Handel kommt, kleine Skulpturen und Objekte schaffen? Welche kreativen Möglichkeiten werden dadurch eröffnet? Das hängt ganz von demjenigen ab, der sich ans Werk macht. Wenn einer wie Stephan Rürup herumwerkelt, läßt das hoffen. Rürup arbeitet als Redakteur bei der Titanic, seine Cartoons erscheinen in diversen Zeitungen und Zeitschriften, zudem steht er als Sänger und Gitarrist der Gruppe Zmt auf der Bühne. Hinter der Bühne trinkt er Flaschen und Dosen leer, gruppiert sie zu kleinen Kunstwerken und fotografiert sie.
Da werden Bierdosen flachgekloppt, um als Nachbildung der Tower Bridge ihrem Recycling zu entgehen; israelische „Goldstar“-Dosen türmen sich zum Bier-Modell der Klagemauer in Jerusalem und wie besoffen ins Erdloch gepurzelt dürfen sie für eine harmlose – weil strahlungsfreie – Miniaturversion der Schachtanlage Asse in Niedersachsen posieren. Dabei geht Rürup gewissenhaft zu Werke. Das Parlament in Helsinki wird mit finnischem Gebräu erbastelt, für das Opernhaus in Sydney wurde eine australische Pulle zerscherbt und die belgische Braukunst hilft mit einer Flasche „Grimbergen“ aus, um das Manneken Pis erstrahlen zu lassen.
Bier ist vielseitig; Rürup auch. Seine Bier-Bastel-Phantasien enden nicht bei Bauwerken und Denkmälern. Drei sich über einen Beckenrand ergießende Flaschen (Route 66) – fertig sind die Niagarafälle: eine anmutige und erhabene Installation, die dem Vorbild in nichts nachsteht und sogar den Vorteil hat, alkoholisch zu sein. Für den Nordpol wurde eine einzelne Flasche bis zum Hals im Schnee versenkt und für das tote Meer machen sich wiederum israelische Dosen flach.
Und warum ist das komisch? Weil hier mit einfachen Mitteln gearbeitet wurde. Und weil relativ Kleines und Bekanntes - in einen neuen Zusammenhang gestellt - plötzlich ganz groß und anders wird. Und weil sich Glasarchitektur an gesellschaftlicher Relevanz messen lassen muß und das Dosenpfand in den Hintergrund tritt. Solange es solche Bücher gibt, ist Hopfen und Malz noch nicht verloren.
 
André POLOczek
 
Stephan Rürup – „Basteln mit Bier“
© 2013 Lappan Verlag, 96 Seiten - ISBN: 978-3-8303-6245-6
8,95 €
 
Weitere Informationen: www.lappan.de