Der Sprache aufs Maul geschaut

Bücher zur deutschen Sprache - durchgeschmökert

von Robert Sernatini

In Sprache schwelgen!
 
Was wären wir ohne die Sprache? Und was wäre die Sprache ohne die Veränderungen, der sie ständig und fließend ausgesetzt ist, die sie im Tagesrhythmus erfährt? Was heute unmoralisch ist und Maulschellen einbringt, nehmen wir das Beispiel „geil“ wird morgen schon im Vokabular von Kindern als alltäglich geführt. Wir haben, welch ein Segen, die Sprache als Verständigungsmittel, wir haben sie aber auch, um Verständigung zu komplizieren, denken wir nur an parlamentarische oder weltpolitische Auseinandersetzungen oder, viel näher dran, im Ehestreit. Benutzt wird sie in so vielen Varianten, Zusammenhängen und Auffassungen, daß es über ihre Ambivalenz längst Legionen von Büchern gibt. Vermutlich kommen täglich neue hinzu. Das liegt in der Sache begründet. Wir haben einige exemplarische thematische Bände der jüngeren Zeit zusammengestellt und möchten sie Ihnen nicht nur vorstellen, sondern auch zur Lektüre empfehlen. Es geht immerhin um Ihre Sprache.
 
Lexikon der sperrigen Wörter
Von Auswintern, Datenschatten, Geschlechtsverkehr und Idiosynkrasie bis Kultur (aha!), Nichts, Schnakenausdünnung und Verzetteln. Amüsant, interessant, international und lesenswert. Deshalb gehört das trotz seiner 120 Seiten handliche Buch wie auch die meisten folgenden immer in die Nähe sprachkritischer Gesprächsrunden.
2010 Akademie Schloß Solitude, Hrsg. Florian Höllerer/Jean Baptiste Joly, 320 Seiten, gebunden, 10,5 x 15,5 cm, 193 Beiträge in13 Sprachen mit deutscher Übersetzung und Textillustrationen – ISBN 978-3-937158-54-9
24,- €
Weitere Informationen: www.akademie-solitude.de 
 
Heike Olschansky – „Täuschende Wörter“
Kleines Lexikon der Volksetymologien
Wer weiß heute noch, was ein Quentchen ist, geschweige, was es bedeutet? Woher der Tolpatsch kommt, dem die wirklich dumme neue deutsche „Rechtschreibung“ ein zweites „l“ aufgezwungen hat, weshalb man einen Kater hat (naja, das wissen wir meist schon) und warum einer bei einem Einbruch Schmiere steht. Dieses Buch hat die Antwort auf diese und viele andere Fragen zur Herkunft deutscher Wörter.  
2004 Reclam, 253 Seiten, gebunden, 15,5 x 10 cm, Literatur- und Wörterverzeichnis - ISBN 978-3-15-010549-8 (geb.) / 978-3-15-020184-8 (Broschur)
9,90 €
Weitere Informationen: www.reclam.de
 
Das sonderbare Lexikon der deutschen Sprache
Das ewige Ärgerwort der Frauenemanzipation „man“ hat ein Kapitelchen in diesem Buch, aber auch die Erklärung, was ein Rebus ist, die Feststellung, daß Fußballnationalmannschaft das zweitlängste in den Duden aufgenommene deutsche Wort ohne „e“ ist und welche Spuren das Geld in unserer Sprache hinterlassen hat. Das ist spannend wie ein Krimi, ach was: spannender. Also immer griffbereit halen!
2009 Eichborn, 360 Seiten, gebunden, Register  - ISBN 978-3-8218-6061-9
16,95 €
Weitere Informationen: www.eichborn.de
 

Hans Jürgen Heringer – „Heringers Reizwörterbuch“
Das sind schon harte Worte, die dieser kleine, nichtsdestoweniger aufschlußreiche Band versammelt: Aufreißen und Chauvi, Rotz und Schmeißfliege, Hahnrei, Lahmarsch und Schwulitäten. Aber keine Sorge, es geht auch hier um die etymologische Erklärung der zum Sprachgebrauch gewordenen Begriffe. Aber auch die Herkunft der Gänsefüßchen, Krethi und Plethi, Firlefanz und Maloche werden neben vielen anderen griffig erklärt. Da werden Sie viel Neues lernen – also lesen!
2011 Duden Podium, 160 Seiten, Klappenbroschur – ISBN 978-3-411-71006-5
12,95 €
Weitere Informationen: www.duden.de
 
Max Christian Graeff – „Vokabeln der Lust“
Der Schweizer Verleger mit norddeutschen Wurzeln, Edel-Buchhändler, Galerist, Buchkünslter und Graphiker, Chansonnier und
 
Schlagersänger, der musikalische und kulturelle Tausendsassa Max Christian Graeff hat sich mit diesem Buch in die sprachlichen Gefilde überwiegend unterhalb der Gürtellinie begeben – eine Region, die vielen peinlich ist, weshalb das sprachliche Land nicht so ausgiebig beackert ist. Umso einzigartiger seine bereits 2001 erschienenen und heute noch unangefochten lesenswerten Erläuterungen von „Abstinenz“ bis „zuviel“, „Cybersex“ bis „Seemannsbraut“, „Einhandliteratur“ bis „Quickie“. Auch der Liebe (lang) und dem Kuß (kurz) widmet er sich. Sehr unterhaltsam.
2001 dtv TB 20446, 237 Seiten Broschur – ISBN 978-3-423-20446-X
9,50 €
Weitere Informationen: www.dtv.de
 

„Versteh mich nicht falsch“ – Gesten weltweit. Das Handbuch.
Seien Sie auf Reisen bei Verständigungsschwierigkeiten um Himmels Willen vorsichtig beim Einsatz von Gesten und Finger- bzw. Handzeichen! Welche Fehler man dabei machen kann und wie man sich mit Handzeichen korrekt verständlich macht, erläutert mit eindeutigen Foto-Abbildungen dieses durchaus neben dem Sprachführer ins Reisegepäck gehörende Büchlein. Wie zählt, bejaht oder verneint man mit Zeichen? Wie kann man vermeiden, jemanden ungewollt zu beleidigen und was bedeutet welche Geste in welchem Land? Hier finden Sie es.   
2012 Piper TB 7305, 128 Seiten, Broschur, 78 farb. Abb. – ISBN 978-3-492-27305-3
9,99 €
Weitere Informationen: www.piper.de
 
 
Anna Mitgutsch – „Die Grenzen der Sprache“
An den Rändern des Schweigens.
 

Wo sind die Grenzen der Sprache und was liegt dahinter? Der Horizont war vielleicht immer schon die größte Versuchung der Künste. Anna Mitgutsch beschreibt die Versuche der Dichter, über den Rand des Denkbaren hinaus zu gelangen. Sie spannt dabei einen großen historischen Bogen von Gilgamesch bis ins 20. Jahrhundert, dem die Idee des Horizonts zwar abhanden gekommen ist – nicht aber die Sehnsucht danach. Von Emily Dickinson über Jorge Luis Borges zu Imre Kertész eröffnen sich spannende Grenzgänge und machen Lust auf neue Entdeckungsreisen in die Literatur.
Sprache ist der Skepsis und Veränderung ausgesetzt. Dadurch lebt sie. Anna Mitgutsch weckt mit ihrem brillanten Essay Neugierde. Sehr empfehlenswert!
2013 Residenz Verlag, 108 Seiten, Paperback – ISBN 978-3-7017-1607-4
16,90 €
Weitere Informationen: www.residenzverlag.at
 
Redaktion: Frank Becker