Die Kunst, den Leser zu fesseln

Wolf Christian von Wedel Parlow – „Laufbekanntschaften“

von Frank Becker

Die Kunst, den Leser zu fesseln
 
Wie nähert man sich einem Menschen, der Distanz bewahrt? Was treibt uns Männer dazu, Chancen zu verpassen, und welch rätselhafter Mechanismus läßt dennoch immer wieder die magnetische Anziehung zwischen den Geschlechtern zu? Was kann als erotisch gelten und was nicht? Welches Geheimnis steckt wirklich hinter einer gestohlenen Cragg-Skulptur?
Wolf Christian von Wedel Parlow läßt Beklemmung aufkommen, wo es in einer Geschichte um die unbewältigte NS-Vergangenheit gehen könnte, erzählt von intellektuellen Flirts bei Eisenbahnfahrten und im Museum, wo er in Die Frau mit der roten Tasche als Museumswärter einer mysteriösen Dame nachsteigt, und er brennt in der Geschichte „Vor wogendem Buchenlaub“ das unerhört geistreiche Feuerwerk einer Begegnung zwischen Gertrud von le Fort, Christa Wolf und Bertolt Brecht ab. In „Ein Pferd ist ein Pferd“ läßt Wolf Wedel frech und ungemein witzig Gabriele Münter, Wassily Kandinsky und Franz Marc auftreten und in „Kaiserliche Reitkunst“ S.M. Wilhelm II selbst. Wolf Wedel fabuliert, weiß Situationen und Konstellationen zu erfinden – und doch schwingt nicht allein durch die Ortswahl immer wieder der selbstbespiegelnde Ansatz mit. Wedels Kunst besteht darin, das Interesse des Lesers zu fesseln, der nicht absetzen mag, ohne die Lösung des jeweiligen Knotens zu erfahren. Ein köstliches kleines Bändchen, das man portionsweise am besten genießt und das man guten Freunden zur abendlichen Lektüre verehren sollte.

Wolf Christian von Wedel Parlow in den Musenblättern.
 
Wolf Christian von Wedel Parlow – „Laufbekanntschaften“
Erzählungen
© 2013 Verlag Unibuch, 152 Seiten, gebunden, mit einem Nachwort von Hermann Schulz  – ISBN 978-3-934900-13-4
18,- €
 
Weitere Informationen:  www.unibuchverlag.zuklampen.de