Der Wert der Wärme

„Zusammen ist man weniger allein“ – keine Komödie

von Frank Becker

v.l.: Lutz Bembennek, Ursula Dirichs, Katharina Pütter, Ottokar Lehrner

Der Wert der Wärme
 
„Zusammen ist man weniger allein“ – keine Komödie
 
 
Dieses vor allem in seiner philosophischen Tiefe überzeugende Theaterstück als Komödie zu etikettieren, geht am wahren Charakter der von Anna Bechstein besorgten Bühnenfassung des Romans von Anna Gavalda vorbei. Der so binsenweise daherkommende Titel „Zusammen ist man weniger allein“ birgt in der Umsetzung nicht nur das ganze Dilemma menschlicher Isolation in ihren Facetten, es öffnet auch den Blick für die Möglichkeiten positiver Lösungen. Das Zauberwort, nein besser: die Zauberworte heißen Liebe und Nächstenliebe. Darum und nur darum geht es. Die um den Kern herum gestrickte Geschichte ist dabei eher marginal.
 
Stefan Zimmermann hat das für das a.gon Theater München mit einem hervorragenden Ensemble sensibel inszeniert. Am vergangenen Sonntag war das bewegende Stück als Gastspiel im Remscheider Teo Otto Theater zu sehen. Einzeln sind sie alle einsam: der sensible Intellektuelle, Historiker und Literat Philibert (herzerwärmend: Lutz Bembennek), der Hardrock liebende Koch Franck, scheinbar ein Macho (grob und zerbrechlich in einem: Ottokar Lehrner), die magersüchtige Malerin Camille mit undurchsichtiger Biographie, eine Mimi des 21. Jahrhunderts (zart und voller Ängste: Katharina Pütter) und Francks gebrechliche Oma Paulette (berührend auf der Schwelle zum Ende: Ursula Dirichs).
Philibert und Franck teilen als Zufallsgemeinschaft eine große heruntergekommene Altbauwohnung, in die Philibert die fiebrig zusammengebrochene Nachbarin Camille aufnimmt, um sie wieder aufzupäppeln. Franck duldet es widerwillig, doch nicht ohne ein gewisses Mitgefühl. Seine weit entfernt lebende Oma wohnt mehr schlecht als recht in einem Altersheim, seit sie sich und ihr Haus nicht mehr versorgen kann. Darunter leiden sie und ihr Enkel gleichermaßen. Alle hat das Leben in eine Situation gebracht, aus der sie ohne den Zuspruch und von außen an sie herangetragene Energie nicht herausfänden. Paulette auf Camilles Initiative hin in die Wohngemeinschaft aufzunehmen, wird zur Nagelprobe.
 
In zwölf kurzen Bildern, unterbrochen von Chansons mit deutlich lebensfroher Aussage (Yves Montand: Trois Petites Notes De Musique - Maurice Chevalier: Moi, Avec Une Chanson - Brigitte Bardot: La Madrague - Henri Salvador: Petite Fleur), erlebt man das Entstehen von Freundschaft, den Wandel von Ablehnung zu Zuneigung, das langsame Wachsen einer zarten Liebe, sieht daß der Schwache Stärke zeigen kann, vor allem aber die Erkenntnis der Wichtigkeit des Verständnisses und der Verantwortung, der Sorge füreinander. Denn: Zusammen ist man weniger allein.
 
Weitere Informationen: www.a-gon.de