Jetzt ist auch Toto Blanke gestorben

Ein trauriges weiteres mal "Mona Lisa" zur Erinnerung

von Frank Becker

Meisterlicher Tanz
auf  2 x 6 Gitarrensaiten

Anfang Februar mußten wir Abschied von Rudolf Dašek nehmen, was uns Anlaß gab, noch einmal an sein gemeinsam mit Toto Blanke eingespieltes Album "Mona Lisa" zu erinnern. Nun ist in Paderborn auch sein musikalischer Partner, der wunderbare Musiker und liebenswerte Mensch Toto Blanke gestorben, wie uns seine Freunde heute mit diesen Worten mitteilten: "Der alte Toto ist tot. Paderborn trauert."

Manchmal entdeckt man echte Perlen spät. So geschehen mit der CD "Mona Lisa", die obwohl bereits 2000 erschienen, auch jetzt noch Anspruch auf eine Besprechung an dieser Stelle hat. Das gemeinsame Album der beiden Gitarristen Toto Blanke und Rudolf Dašek ist nämlich ein einziges Vergnügen. Hier haben sich zwei virtuose Meister an den Saiten zu wohlklingendem Tun gefunden. Unprätentiös, bestechend in Qualität und Poesie interpretieren sie Eigenes und Fremdes so angenehm, daß man das Album vom Nat King Cole gewidmeten Titelstück, mit dem der 1965 gestorbene Sänger und Pianist bis heute untrennbar verbunden ist, bis zum sanften Ausklang eigentlich mit Endlosschleife spielen lassen könnte, ohne seiner müde zu werden.
 
Der Paderborner Toto Blanke, von den 70er Jahren an neben und mit u.a. Gunter Hampel, Jasper van´t Hof, Rolf und Joachim Kühn, Jeremy Steig,  Randy Brecker, Jan Akkerman, Charlie Mariano, Tony Lakatos und Philip Catherine zu einem bedeutenden Vertreter des neuen Jazz in Europa geworden und einer der wenigen anerkannten Botschafter des westlichen Jazz in den Ostblockländern des Kalten Krieges, traf vor mittlerweile einem Vierteljahrhundert in Warschau auf sein alter ego Rudolf Dašek, der u.a. mit Slide Hampton, Jiří Mraz,  Tony Scott, Uwe Kropinski, Günter "Baby" Sommer und vor allem dem Flötisten Jiří Stivín Erfolge gefeiert hatte. Bis auf den Tag verbindet beide eine enge musikalische und persönliche Freundschaft. Obwohl in der Tradition des Modern Jazz verwurzelt und im Gegensatz zu Blanke ausschließlich auf Vollresonanz-Gitarren mit Tonabnehmer eingeschworen, ergab sich sehr schnell die nun schon Jahrzehnte haltende kongeniale Zusammenarbeit Dašeks mit Toto.

Weit ab von der "elektrischen" Musik der 70er Jahre, die Blanke mit seinem "Electric Circus" an die Spitze brachte, haben sich er und Partner Rudolf Dašek bei den 72½ Minuten ihres Albums "Mona Lisa" ganz der intimen Lyrik und Akustik der 13 eingespielten Stücke hingegeben. Entsprechend kontemplativ kommt die Musik daher, läßt träumen, dem Tanz der Finger auf den Saiten lauschen und genußvoll entspannen. Ein bißchen Reinhardt ist dabei, ein wenig Les Paul (wie z.B. in "Monte Azul" und "Nuages"), aber vor allem Blanke/Dašek mit jeder Menge Gefühl und Musikalität. Reinhardts "Nuages", Thelonious Monks "Round About Midnight", Carlos Gardels "Caminito" (Solo Blanke) oder John Coltranes "Big Nick" (Solo Dašek) bekommen ein neues, sehr ansehnliches Gesicht, die vier von Blanke und die zwei von Dašek beigesteuerten Stücke stehen im brillanten Kontext, von Ekkehard Czerwinsky vorzüglich aufgenommen und abgemischt.
 
 
Toto Blanke - Rudolf Dašek  -  „Mona Lisa“
Rudolf Dašek  -  Gitarre  /  Toto Blanke  -  Gitarre
 
Produziert von Toto Blanke & Ekkehard Czerwinsky
© + (P) 2000 ALISO Records
 
Titel: 1. Mona Lisa   3:37 - 2. Monte Azul   5:23 - 3. Nuages   6:18 - 4. Renascimiento   8:28 - 5. Round About Midnight   7:46 - 6. San Ignacio   6:22 - 7. Cimicurri   7:44 - 8. Big Nick   2:48 - 9. Verano sin velo   3:30 - 10. La Paloma   6:40 - 11. Caminito   3:45 - 12. Tanz der Kraniche   7:05 - 13. La Comparsa   3:27

Gesamtzeit:  1:12:31