„Schwanensee“ - Das Ballettwunder von Gelsenkirchen Ergreifend choreographiert von Bridget Breiner.
Traumhaft getanzt von der Primaballerina assoluta Kusha Alexi.
Premiere 9.11.13
Die Schweizerin Kusha Alexi ist sicherlich eine der größten und besten Tänzerinnen unserer Zeit. Monte Carlo, Zürich, Hamburg, München u.v.a. sowie diverse Preise zieren ihren bisherigen erfolgreichen Tanztheater-Lebenslauf, der von Welt-Choreografen wie z.B. Spoerli, Neumeier, Cranko, Balanchine oder van Manen geprägt wurde. Sie gehört zu den Spitzentänzerinnen, die mit ihrer superben perfekten Technik, beeindruckender Subtilität, frappierender Musikalität und bewegendem Darstellungsvermögen die Herzen begeisterter „Ballettomanen“ allerorten zu Tränen rührt und Jubel erntet. Jüngst wieder bewiesen am Musiktheater im Revier mit der vielleicht kleinsten Compagnie Deutschlands - gerade einmal 14 Tänzer. Herausgekommen ist ein derart fantastischer Ballettabend, daß er auch den ganz großen Häusern in Deutschland mehr als zur Ehre gereichen würde - eine grandiose zeitgemäße, aber doch immer Tschaikowskys Handlungsballett sehr ernst nehmende Choreografie - kein moderner Mumpitz wie die schreckliche Thoss-Produktion vor Jahren am Aalto.
Es erscheint geradezu unglaublich und grenzt an ein Ballettwunder daß man mit einer derart reduzierten Compagnie Tschaikowskys „Schwanensee“ überzeugend inszenieren kann. Die großartige Bridget Breiner (seit 2012 Ballett-Chefin am MiR) hat es mit dieser bezaubernden Arbeit geschafft. Sie inszeniert ein bißchen an das Rusalka-Märchen angelehnt: Das zauberhafte, sensible, fast zerbrechliche Naturwesen verliebt sich in den Prinzen, der die nun Entwurzelte aber unwillentlich enttäuscht, worauf sie wieder in ihr Revier zurückkehrt - dort aber mittlerweile jede Bindung verloren hat und stirbt. Wie Kusha Alexi dieses Finale künstlerisch und zutiefst menschlich gestaltet, gehört zum Ergreifendsten was man je auf einer Tanztheaterbühne erlebt hat. Bravo!
Was auf den ersten Blick manche Zuschauer irritierte, war dramaturgisch genial eingesetzt, nämlich drei zauberhafte Romanzen von Peter I. Tschaikowsky; einfühlsam gesungen von Noriko Ogawa-Yatake und feinfühlig begleitet am Klavier von Salvador Caro. Es sind drei wohlausgesuchte und passend plazierte Stellen, an denen die Liebenden quasi aus dem Handlungsrahmen heraustreten und sich menschlich näher kommen; innige Momente an denen die geballte Sinfonik des großen Orchester die Intimität des Augeblicks zerstören würde.
Wenn ich aus dem bewundernswürdigen Ensemble noch zwei Solisten besonders lobe, dann Ordep Rodriguez Chacon (Prinz), ein Tänzer mit bewundernswerter Sprungkraft - und Aidan Gibson (Verlobte) mit großartigem Spitzentanz. Das gesamte Ensemble tanzte mit Engagement und wunderbarer Musikalität - wobei ich hier noch einmal auf die Inszenierung eingehen möchte, die wirklich jede Note in tänzerischer Bewegung reflektierte; eine atemberaubende Choreografie. Das subtile Bühnenbild und die überzeugenden Kostüme steuerte Jean-Marc Puissant bei. Forciert und mit flotten Tempi dirigierte Heiko Mathias Förster die Neue Philharmonie Westfalen - der tänzerische Zauber auf der Bühne lenkte dabei von manchen Grobschlächtigkeiten aus dem Orchestergraben ab.
Ein ergreifender Tanztheaterabend. 20 Minuten vom begeisterten Premieren-Publikum zu Recht gegebener stehender Applaus. Auch, aber nicht nur wegen der Weltklasse-Ballerina ist diese wunderschöne Produktion für Ballettfreunde jedweden Alters jede noch so weite Anreise wert. Hier gibt es wirklich noch tolles Handlungsballett.
Weitere Informationen: www.musiktheater-im-revier.de Redaktionelle Bearbeitung: Frank Becker
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