Sensationelle Guitar Night

Hochkaräter an den Saiten in der Akademie Remscheid

von Frank Becker

v.l.: Katharina Weimer, Theresia Hoang (Die Weimersisters) - Foto © Frank Becker

Sensationelle Guitar Night in der Akademie Remscheid
 
Hochkaräter an den Saiten verzauberten für mehr als vier Stunden ihr Publikum
 
 
Remscheid. Das Remscheider Musikjahr beginnt in lieb gewordener Tradition und zuverlässig mit der „Guitar Night“ des Internationalen Bergischen Gitarrenfestivals in der Akademie, und seit vielen Jahren ist dieses von Dieter Kreidler und Alfred Eickholt organisierte Festival und längst genreübergreifende Konzert zum Top Tip nicht nur für Freunde der klassischen Gitarrenmusik geworden. Der Samstagabend am Küppelstein gehörte vor restlos ausverkauftem Haus folglich den betörenden Klängen von Klassik, Pop und Gypsy Jazz – auf allerhöchstem Niveau und fein gestimmten Saiten, versteht sich. Die eingeladenen Künstler repräsentierten das Beste, was derzeit international in ihren Genres zu bekommen ist.

Gerhard Reichenbach - Foto © Frank Becker
 
Das Privileg der Eröffnung bekam Gerhard Reichenbach, der solo mit fünf Sätzen aus J.S. Bachs Klavierpartita Nr. 3 begann – ein Fall für die berühmte Stecknadel im Publikum. Über das Andantino und das Presto variato aus Niccolo Paganinis 1. Sonate A-Dur von größter Zartheit und Fingerfertigkeit steigerte er sein Programm zu Giulio Regondis Caprice op. 23, einem Stück zum Träumen.
 
Auf Reichenbach folgte ein Duo zweier junger Damen, die sich schon nach wenigen Griffen und Akkorden als die Sensation des Abends präsentierten: Theresia Hoang (geb. Weimer) und Katharina Weimer, das Gitarrenduo „Weimersisters“ (Foto oben). In perfekter Harmonie, tiefer Innigkeit und brillanter Abstimmung setzten sie mit Isaac Albeniz´ hinreißendem „Sevilla“ das Maß des Anspruchs schon kaum zu übertreffen hoch an. Was sie dann aber mit Leo Brouwers´ vielschichtiger zeitgenössischer Komposition „Triptico“ boten, ließ auch Fachleute in fast ungläubiges Staunen verfallen. Energisch, in unerhörter Kreativität, verbunden mit unglaublicher Präzision gaben sie eine atemberaubend seelenvolle Interpretation dieses komplexen Werkes und machten es schon vor der Pause faktisch zum ersten Höhepunkt des Konzerts. Der fortwährend intensive Blickkontakt der beiden Virtuosinnen sprang förmlich knisternd auf die gebannt lauschenden Zuhörer über. Doch damit nicht genug: mit Eleganz und enormem Witz spielten sie danach ein bestechendes eigenes Arrangement von Gioacchino Rossinis Ouvertüre zu „La gazza ladra“ (Die diebische Elster) inklusive Trommelwirbel auf den Saiten und schließlich als heftig geforderte Zugabe eine eigene Astor Piazzolla-Bearbeitung. Phantastisch!
 

Andreas Schleicher Trio - Foto © Frank Becker
Der zweite Teil des höchst abwechslungsreichen und unterhaltsamen Programms gehörte zunächst dem Trio um den Gitarristen, Songwriter und Sänger Andreas Schleicher, mit Jörg Siebenhaar (Akkordeon, Keyboard, Cajon) und Konstantin Wienstroer (Kontrabaß). Mit sieben eigenen Titeln Schlaichers von der neuen Doppel-CD „Mädchen gegen Jungs“, darunter „Kleine Reise“, „Genau mein Tag“, „Anderer Stern“ und die ach so wahren „Ab 30“ über das Älterwerden und „Hunger nach Fisch“ über die Sehnsucht nach dem, was man grade nicht hat (die trafen wohl jeden irgendwie ins Mark) gab das Trio handwerklich perfekten Pop der ganz besonderen Art und kam blendend damit an.
 
Ein Feuerwerk hochkarätigen Gypsy-Jazz brannte zum perfekten Abschluß und zweiten großen Höhepunkt des ereignisreichen wie klangvollen Abends Joscho Stephan ab, einer der zur Zeit besten Gitarren-Virtuosen des Zigeunerjazz mit seinem Quartett: Günter Stephan (Rhythmusgitarre), Sebastian Reimann (Violine) und Max Schaaf (Kontrabaß). Da ging bei  Variationen zu Edvard Griegs „Nowegischem Tanz“ die Seele auf, bekam W.A. Mozarts „Rondo alla turca“ ein völlig neues spritziges Gewand und schwelgten Musiker und Zuhörer gleichermaßen in Erinnerungen an Django Reinhardt mit „Blue Drag“, „Minor Blues“ und „Undecided“. Joscho Stephan zeigte dabei nahezu unfaßbare Grifftechniken, für das Auge fast zu schnell und für das Ohr reiner Nektar. Ein Medley verband gespickt mit herrlichen Zitaten Joe Cockers „You Are So Beautiful“ und das durch die Platters unsterblich gewordene „Smoke Gets In Your Eyes“. Rasantes Tempo und der unvergleichliche Schmelz des einzig echten Zigeunerjazz gingen eine traumhafte Einheit ein, während Sidekick Sebastian Reimann an der Violine auf Augenhöhe Stephane Grappelli vergessen ließ. Keiner der rund 200 Zuhörer verließ den Saal vor dem Schlußakkord, vier Stunden vergingen wie im Flug, alle waren glücklich und ehrlich begeistert und feierten die Künstler frenetisch. So soll es sein.

 
 v.l.: Sebastian Reimann, Joscho Stephan, Max Schaaf, Günter Stephan - Foto © Frank Becker
 
Weitere Informationen über die beteiligten Künstler: 
 

Informationen auch unter: www.bergisches-gitarrenfestival.de