Ausländer und gut so – Falaki-Frühstück im Literaturzentrum

Mahmood Falaki, ausgefragt

von Andreas Greve

Mahmood Falaki - Foto: privat
Ausländer und gut so –
Falaki-Frühstück im Literaturzentrum
 
Seit 1986 lebt Mahmood Falaki in Hamburg. Zu Schah-Zeiten im Gefängnis, seit Mullah-Zeiten Exilant im Exil-Land Deutschland. Bei einer Exil-Veranstaltung (s)eines Exil-Verlages im November letzten Jahres sagte er den schönen Satz, irgendwann „sei auch mal gut mit Exil“. Er hat hier Germanistik und Iranistik studiert und promovierte über Goethe und Hafis. Etliche Bücher sind erschienen. Er schreibt auf Deutsch. In Paris würde man ihn rein optisch für einen Franzosen halten – das behaupte ich mal ganz kühn – in Deutschland und in der Weltstadt Hamburg wirkt er fremd genug, um die merkwürdigsten / haarsträubensten / bornierten oder ignoranten Verhaltensweisen von und mit Bundesbürgern zu erleben. So viele Situationen und Momente, daß es für ein Buch gereicht hat: „Ich bin Ausländer und das ist auch gut so“, erschienen im kleinen Bremer Sujet-Verlag des gebürtigen Iraners Madjid Mohit, der sich – ich zitiere „auf deutschsprachige Literatur von Exil-Autoren spezialisiert hat“.
 
Andrerseits doch nicht „Exil“, liest man auf der Verlags-Homepage weiter, sondern: „Im Zentrum steht das, was Madjid Mohit „Luftwurzelliteratur“ nennt. Eine Literatur die ortsunabhängig wirkt; von Schriftstellern geschrieben, die in einem fremden Land eine neue Heimat gefunden haben und grenzübergreifend die hiesige Kulturlandschaft bereichern: Ein wichtiges Element der Weltliteratur.“ Klarer Themen-Schwerpunkt des Themenverlages (sic!) Sujet Verlags. Ganz besonders gepflegte Gattung: die Lyrik.
 
Auch hier ist Falaki vertreten. Aktuell mit dem Band „Klang aus Ferne und Felsen“, den die armenische Grafikerin Marietta Armena schwungvoll durchstrichen hat. In der Tat wäre es stark untertrieben „illustriert“ zu sagen. Sie hat - eigentlich nur an ein paar Stellen im Buch - beherzt grafisch Zeugnis abgelegt. Flott!
 
„Der Begriff Luftwurzelliteratur trifft unseren Schwerpunkt besser als Exilliteratur“, so Verleger Madjid Mohit, „diese Art von Literatur geht über Grenzen hinaus. Der Begriff ‚Exil’ grenzt so vieles aus, ist zu negativ behaftet - doch Luftwurzelliteratur verbindet die Menschen, trotz der Ferne zur ursprünglichen Heimat.“
 
Zum Exil-Begriff - und einigen weiteren Dingen, habe ich den Gast beim Literaturfrühstück am Samstag im Literaturhaus an der Alster, den Hamburger Mahmood Falaki (1951), einige Tage vorher befragt:
 
FRAGE AG: Nochmal zu Ihrem Exil …
FALAKI: Wir versuchten, im Iran, Demokratie zu schaffen. Aber plötzlich war ich in einem Land, also in Deutschland, in dem alles in politisch-gesellschaftlicher Hinsicht vorbereitet war; nämlich Meinungsfreiheit, Pressefreiheit usw. Was in Europa zwei oder drei Jahrhunderte dauerte, habe ich plötzlich vom einen Tag auf den anderen bekommen. Das war und ist für mich ein großer Gewinn. Man kann sich frei bewegen, sich ohne Angst vor Zensur-Amt oder Polizeiapparat ausdrücken, was unsere Kollegen im Iran nicht träumen können.
 
FRAGE: Wann haben Sie sich selber das letzte Mal diskriminiert gefühlt?
FALAKI: Ich habe mich nie sonderlich stark diskriminiert gefühlt. Ab und zu geschieht etwas, das man auch als Diskriminierung bezeichnen kann. Solche Kleinigkeiten können ja immer noch ab und zu vorkommen. Diskriminierung kennt keine bestimmte Zeit.
 
FRAGE: Wann ist Integration geglückt - oder andersherum: Wie viel "Anderssein" sollte man bewahren?
FALAKI: Integration bedeutet nicht, sich vollkommen der Umgebung anpassen. Aber wenn jemand in einem fremden Land leben möchte, muß er bereit sein, die Gesetze und gesellschaftlich-kulturelle Basis des Gastgebelandes zu erfassen und sein Handeln danach ausrichten. Das ist schwer zu sagen wie viel “Anderssein“ sollte man bewahren. Es kommt darauf an, welche Vorstellung man von der Integration hat und welche Bildung oder welchen Charakter man besitzt.
 
FRAGE: Nochmal zur Sprache bzw. zur Muttersprache: Was schreiben Sie zwingend auf Deutsch, was auf Persisch?
FALAKI: Ich kann nicht genau sagen. Das Thema führt mich. Manche Themen wirken derart auf mich, daß ich sie automatisch nur auf Deutsch ausdrücken kann, manchmal auf Persisch.
 
FRAGE: War es eine – sagen wir psychologische - Genugtuung, diese Ausländer-Geschichten zu schreiben?
FALAKI: Vielleicht war es psychologische-Genugtuung. Ich kann nicht beurteilen. Ich wollte meine eigenen Erfahrungen einfach weiter vermitteln.
 
LETZTE FRAGE: Falaki hört sich nach einer schönen Speise an. Falaki zum Frühstück? Woher stammt Ihr Name? Im Journalismus gilt ja die Regel: No jokes with names - was ich manchmal schade finde … sind wir in Deutschland zu „pc“? Oder: Wieviel political correctness ist gut und angebracht zwischen den Kulturen in unserem Land.
FALAKI: Sehr interessant und amüsant. Zum ersten Mal erfahre ich sowas über meinen Namen. Es wäre nicht schlecht gewesen, als Speise auf der Karte angesehen zu werden. So könnte ich schneller berühmt werden. Schade! Mein Name stammt ursprünglich aus arabischer Sprache und bedeutet „Himmel“ oder „himmlisch“. Ist das nicht schöner als Speise zu sein? Wenn ich ein Geistlicher wäre, könnte ich behaupten, daß ich ein „Heiliger“ bin und Kontakte mit göttlichem Ursprung aufnehme. Zum Glück bin ich kein Geistlicher …
 
 
AG: Danke für diese Erläuterungen, Herr Falaki! Und viel Erfolg.
 
 
Die Lesung beginnt – gefrühstückt oder nicht – am Samstag um 11 Uhr 30 im Literaturhaus Hamburg, Schwanenwik 38. Vielleicht kommt ja neben den Kurzgeschichten folgendes Gedicht aus dem 73seitigen Lyrikband „Klang aus Ferne und Felsen“ zu Gehör:
 
Die Frage
 
Ich bin nicht die Antwort;
nur ein Wort,
das die Frage sucht.
 
Hell und dunkel
sind nur Worte;
schau an meinen Namen,
der in die helle Nacht-Sprache wächst.
 
Was ist die Frage?
 
 
Literaturzentrum-Hamburg e. V.: http://www.lit-hamburg.de/
Der kleine Bremer Sujet Verlag: www.sujet-verlag.de
 
Die Kurzgeschichten: Mahmood Falaki Ich bin Ausländer und das ist auch gut so
Sujet Verlag 2013, 156 Seiten, Preis: 12,80 €ISBN: 978-3-944201-17-7