Der Wind hat mir ein Lied erzählt

Eine Zarah Leander Revue mit Tanja Maria Froidl

von Frank Becker


© Spezialverlag Robert Franke/Ufaton Verlag
Der Wind hat mir ein Lied erzählt
 
Eine Zarah Leander Revue mit Tanja Maria Froidl
 
Regie: Benjamin Sahler - Musikalische Leitung: Christian Auer
Besetzung: Tanja Maria Froidl (Zarah) - Christian Auer (Klavier, Michael Jary) - Robert Kühn (Bariton, Fan/Bruno Balz) - Christoph Pabst (Reporter, Quoten-Nazi) - Raya Gronkova (Geige) - Matthias Noack (Klarinette) - Markus Schlesag (Bass)

Unvergessen sind ihre Filme und die Lieder daraus: „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“ von Lothar Brühne aus „La Habanera“, „Yes, Sir!“ von Ralph Benatzky aus „Zu neuen Ufern“, „Nur nicht aus Liebe weinen“ von Theo Mackeben aus „Es war eine rauschende Ballnacht“. Michael Jarys „Er heißt Waldemar“ wurde ebenso ein Gassenhauer wie Cole Porters „Wunderbar“.
 
Begleitet von einer Live-Band mit Christian Auer am Klavier, der auch die Rolle des Michael Jary übernahm, interpretierte Tanja Maria Froidl am vergangenen Freitag vor fast ausverkauften Haus im Remscheider Teo Otto Theater zum 111. Mal diese und andere große Erfolge von Zarah Leander wie „Kann denn Liebe Sünde sein?“ aus „Der Blaufuchs“, „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“ oder das traurige „Ich steh´ im Regen“ aus „Zu neuen Ufern“, recht nah am Timbre der UFA-Diva assoluta. Unsterblich sind wohl auch: „Davon geht die Welt nicht unter“ und „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh´n“ von Jary/Balz aus dem 1942 gedrehten Film „Die große Liebe“, die als „Durchhaltelieder“ beim Wunschkonzert für die Wehmacht  an allen Fronten die Illusion vom „Endsieg“ stützten. Wenn Tanja Maria Froidl anstimmt, Alt und Zungenschlag ähnlich wie Zarah, kommt eine Ahnung auf, wie die Leander war - wenn auch die Körperhaftigkeit, die Stimmgewalt und der Glanz der großen Diva nicht erreicht werden. Das konnte Kirsten Heiberg, das kann Karin Pagmar. Der biographisch-musikalische Abend, in delikatem Umgang mit den historischen Zusammenhängen, bietet leichte Unterhaltung mit Anspruch und dramatischen Spitzen. In vielen Rollen und als Duo-Partner an ihrer Seite der Bariton Robert Kühn. Christoph Pabst gab die undankbare Figur des NS-Sendboten Ludolf von Lubin und andere Quoten-Nazis. Der von der NS-Propaganda 1939 mit „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“ gefeierten Versenkung der Royal Oak durch die U 47 des Kapitänleutnants Günter Prien stand das Grauen von Stalingrad 1943, Kursk 1944 und der sinnlose „Endkampf“ 1944/45 gegenüber. Doch da waren nur noch die Lieder von Zarah Leander geblieben. Sie selbst hatte sich klug zurückgezogen.
 
Seit 1937 war die schöne Sängerin mit dem einzigartigen Contra-Alt der unumstrittene Star der UFA gewesen. Ein Kunstwesen? Eine Opportunistin? Eine Nationalsozialistin gar? Wohl eher eine kluge Geschäftsfrau, die aus der Begehrlichkeit der NS-Größen Kapital schlug. Die kleine nicht unkritische Revue erinnert an ihren kometenhaften Aufstieg in den Babelsberger Studios und ihr Leben als Liebling des NS-Regimes. Von Joseph Goebbels gefördert und von vielen nicht nur künstlerisch begehrt, entwickelte sich Zarah Leander trotz ihrer schwedischen Herkunft zur Galionsfigur der politisch gesteuerten gleichgeschalteten NS-Filmindustrie, feierte grandiose Erfolge und lebte im Glanz von Macht und Beliebtheit. Ihre für diese Zeit exorbitanten Gagen ließ sie sich zur Hälfte in schwedischen Kronen auf ein Stockholmer Konto überweisen. Nachdem ihre Villa im Berliner Grunewald 1943 ausgebombt worden war, und als die Zahlungen nach Schweden ausblieben, man sie sogar zur Annahme der (reichs)deutschen Staatsbürgerschaft drängte, brach sie mitten in einer glänzenden Karriere aus politischem und wirtschaftlichem Kalkül die Brücken zu Deutschland ab und ging in ihre schwedische Heimat zurück - verfolgt von wütenden Tiraden des Reichspropagandaministers.
 
Auch nach 1945 in Deutschland wie in Schweden noch heftig geschmäht und hier erst spät rehabilitiert, wurde der Leander nie mehr die öffentliche künstlerische Anerkennung zuteil, die ihr gebührt hätte. „Sag‘ mir nicht Adieu“ und das von Tanja Maria Froidl in Ilse-Werner-Manier gepfiffene „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“ setzten als Zugaben der 111. Vorstellung dieses Programms einen eleganten Schlußpunkt.
 
Weitere Informationen:  www.tmfroidl.de   -  www.kurzweilundwohlklang.de