Kaspar Hauser

Meldungen des Grimmaischen Wochen- und Anzeige-Blatts

aus dem Jahr 1834

Kaspar Hauser, N.N. pinx. nach J.F.C. Kreul
Das Räthsel um Kaspar Hauser
 
Grimma. Kaspar Hauser liegt im Grabe, aber sein Geist geht von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, und setzt noch immer den Frevler, der so schrecklich an ihm gehandelt, in Schrecken. Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt noch an die Sonnen; aber jedenfalls ist es ein fürchterliches Licht, welches das dunkle Geheimniß, das wie eine grauenhafte Sphinx über Hausers Grabe liegt, aufhellen und lösen wird.
Aus Karlsruhe schreibt man darüber Folgendes: „Die Geschichte Kaspar Hausers hat seit der Ermordung des unglücklichen Findlings wieder das lebhafteste Interesse geweckt, wozu noch besondere Umstände das Ihrige beitragen. Es gegen sonderbare Gerüchte über die Spuren, welche gerade in der dem Morde zunächst vorangegangenen Zeit zur Entdeckung gekommen sind, und in deren Folge die Heimath Hausers, so wie der Ursprung des Verbrechens nicht mehr in der Richtung von Böhmen oder Ungarn, sondern westlich im Badenschen zu suchen ist.
Merkwürdig ist, was vor einigen Jahren schon Feuerbach in seiner Schrift über Caspar Hauser drucken ließ: ‚Dem Arm der bürgerlichen Gerechtigkeit sind nicht alle Fernen, noch alle Höhen und Tiefen erreichbar und bezüglich mancher Orte, hinter welchen sie den Riesen eines solchen Verbrechens zu suchen Gründe hat, müße sie, um bis zu ihm vorzudringen, über Josuas Schlachthörner oder wenigstens über Oberons Horn gebieten können, um die mit Flegeln bewehrten hochgewaltigen Kolossen, die vor goldenen Burgthoren Wache stehen und so hageldicht dreschen, daß zwischen Schlag und Schlag sich unzerknickt kein Lichtstrahl drängen mag, für einige Zeit in ohnmächtige Ruhe zu bannen.‛ Die baierische gerechte Regierung wird sich gewiß von den hochgewaltigen Kolossen nicht abschrecken lassen. Hauser soll ein Prinz aus einem deutschen Fürstenhause gewesen seyn.“
 
Gotha. Nach dem neuesten Gerüchte über Caspar Hauser soll der Polizeidirektor von Gotha den geheimnißvollen Schleier, der über des Verblichenen Familie ruht, gelüftet haben.
 
Baiern. Man schreibt aus München: Es zirkulirt hier in mehreren Caffee-Häusern die Sage, dass der gedungene Mörder des Kaspar Hauser in Franken arretirt worden sey; doch sollen über ihn noch die zureichenden Beweise fehlen. Der Eingezogene soll ehemals bei der französischen Ehrenlegion, so wie in Schweden, später dann beim bair. Militair als Oberlieutenant gedient haben und jetzt quiescirt seyn. Er soll ein entschlossener Mann und aus achtbarer Familie seyn.“
 
Anmerkung des Redacteurs: Der berühmte Nürnberger
Findling" Kaspar Hauser war am 14. December 1833 von einem Unbekannten in Ansbach meuchlings niedergestochen worden; er starb am 17. December an den erlittenen Verwundungen.