Kann man Kümmerlinge stimmen?

Das GlasBlasSing Quintett mit „Männer, Flaschen, Sensationen“

von Frank Becker

Foto © Frank Becker

Ploppen und Shaken, Trommeln und Blasen
 
Das GlasBlasSing Quintett zaubert auf Leergut
 
Georg Kreisler beklagte einst in seiner musikalischen Moritat „Das Triangel“ bitter: „… Ein Triangel kann man nicht einmal stimmen“. Und wie sieht das mit kleinen und großen Flaschen aus? Kann man Kümmerlinge, Jägermeister, Volvic, Selters & Co. stimmen, um darauf Musik zu machen? Um die Frage gleich zu beantworten: kann man. Fünf junge Herren belegten das am Donnerstagabend in der Lenneper Klosterkirche mit viel Humor: Andreas Lubert, Frank Wegner, Jan Lubert, Jens Peter Tangermann und David Möhring sind das GlasBlasSing Quintett und haben sich in „Männer, Flaschen, Sensationen“ zur Aufgabe gemacht, mit Jever und Becks, Granini und Camparisoda „Liedgut auf Leergut“ zu präsentieren.
 
Da gehen die geleerten Flaschen, gleich ob Glas oder Plastik, nicht zurück in den Rohstoffkreislauf – sie haben ihre Bestimmung u.a. als Schlagzeug mit beeindruckender Wasserspender-Basedrum und Percussion mit Shaker aus dem Korpus einer Flasche stillen (!) Wassers, als 1,5-Liter-Flaschen Tuba, Jägermeister-Xylophon (auch Flachmaninoff genannt) gefunden. Dreimal dürfen Sie raten, aus welchen Flaschen die Jelzin-Orgel gebaut wurde.
Auf all diesen, nach Größe, Inhalt und Wasserstand tatsächlich gestimmten Nutzbehältern blasen und tröten die fünf keinen Marsch, obwohl sie das wohl könnten. Sie ploppen, shaken, trommeln und blasen ganz hervorragende Pop- und Jazz-Adaptionen, bekannte Filmthemen und eigene Stücke mit lustigen Texten wie „Nasenpiercing-Girl (sieht aus wie Chrom-Popel)“, denn singen tun sie auch. Da tun sich natürlich weitere Fragen auf: Ist das noch A cappella? Oder ist das schon Instrumentalmusik? Bei Aram Chatschaturjans „Säbeltanz“, auf Jelzin-Orgel, Flachmaninoff und der einzigartigen Fender Cokecaster virtuos geboten, wird die Sache eindeutig.
 
Sicher, Paul Desmond rotiert jedes Mal im Grab, wenn sie sein „Take Five“ auf Kümmerlingen flöten und zu einem Medley mit Lalo Schifrins dramatischem „Mission Impossible“ ausweiten, aber dem offensichtlich begeisterten Publikum macht es mächtig Spaß. Ein Höhepunkt des Abends ist die aufwendig arrangierte und hervorragend gelungene Queen-Nummer „Bohemian Rhapsody“ – eine sinfonische Meisterleistung. Nur die Underberg-Piccolos haben gefehlt. Und man soll sein Publikum nicht ungefragt einbinden wie beim Flaschenmusik-Memory und dann auch noch durch den Kakao ziehen. Das ist unanständig und gehört sich nicht. Aber es ist ja auch erst das dritte Programm der Wahlberliner. Da kann nachgerüstet werden.
 

Foto © Frank Becker


Weitere Informationen:  www.glasblassing.com