Betörend, verführend, bedrohlich

Yvonne Kuschel – „Busenwunder“

von Frank Becker

Betörend, verführend,
bedrohlich
 
 
Was nicht da ist, kann später nicht hängen.
(Yvonne Kuschel)
 
Ja, er ist ein ewiges Wunder, und die Faszination, die der weibliche Busen als ästhetisches Phänomen nicht nur auf Männer ausübt, ist unvergleichlich. Besungen von nahezu jedem Dichter von Salomo über Celander bis Victor Auburtin, August Stramm und Klabund hat das Wunder „Busen“ intensiven Niederschlag in der Literatur gefunden. Zeigt mir einen Maler, der nicht das begehrte Symbol der Weiblichkeit auf Skizzenblock oder Leinwand festgehalten hat. Verneigt Euch vor dem Mann, der nicht lügt, wenn er behauptet, er habe bei einer ersten Begegnung mit einer Frau, zumal wenn dekolletiert, nicht auf ihren Busen geschaut. Seid aber auch solidarisch, Männer, mit dem, der es unumwunden einräumt, und teilt seine Schwärmerei. Die Verehrung, die der Busen mit jeglichem Recht erfährt, die Hingabe, mit der die Brüste bewundert und angebetet, von Künstlern in Ton geformt und Bronze gegossen werden, legen Zeugnis von diesem empathisch gefeierten Wunder ab.
Yvonne Kuschel  hat darüber ein höchst einfühlsames, witziges und sehr kluges Buch geschrieben und selbst illustriert, dessen Titel natürlich nicht anders sein konnte als „Busenwunder“. Dem Untertitel „Intime Geschichten rund um die schönsten Kurven der Welt“ hat man nichts hinzuzufügen. So ist es und so schreibt sie es: „Heidi war von Stolz und Rührung ganz erfüllt. Sie hatte endlich einen passenden BH gefunden! Zum ersten Mal wurden ihre Brüste liebkost. Wie zwei Vögelchen lagen sie in den kleinen Satin-Nestchen. Der Kontakt zwischen Brustwarzen und Stoff verursachte ihr zarte Schauer. Sie wagte kaum, sich zu bewegen. Welch eine Bereicherung ihres bis jetzt so ereignislosen Lebens!“

Selber Frau genug, weiß Yvonne Kuschel, deren Name im Zusammenhang eine nicht unwichtige Botschaft transportiert, um die Bedeutung des und den Wunsch nach einem Busen, wie z.B. augenzwinkernd in: „Luise war Flach wie ein Brett. Wenn sie Kekse aß, fielen die Krümel direkt auf den Boden. Ihren Wunsch nach einem Busen schickte sie bei jeder Gelegenheit gen Himmel. Die Mutter kaufte ihr fürs Erste eine Bluse mit Jabot, auf Zuwachs. Mit elf Jahren war noch etwas Zeit für solche großen Wünsche, fand sie.“
Den Kampf mit Still-BHs, die Vererbung körperlicher Vorzüge oder Mängel, Katjas Traum, eine Filmleiche zu sein, weiche Pullover und das Begehren der Männer – Yvonne Kuschel schöpft in ihrem köstlichen kleinen Buch punktgenau und pointiert aus allen Aspekten des Busens, seiner Ver- und Enthüllungen und seiner Bedeutung für das Selbstbewußtsein einer jeden Frau. Eine vortreffliche Abendlektüre, kurz vor dem Einschlafen. Für Männer zur Beförderung ihrer süßen Träume, für Frauen vielleicht desgleichen, aber auch ein zum Schmunzeln anregendes Buch der (Selbst-) Erkenntnis. Nach Paula Lamberts „Brüste- das Buch“ – interessanterweise ebenfalls in der Nähe des Weltfrauentages veröffentlicht – eine weitere glänzende Huldigung, gerichtet an das dem Auge, den Händen und zarten Dessous schmeichelnde Busenwunder. Verführend, betörend, aber auch als erbarmungslose Waffe mit betäubender Wirkung oder der Munition der Versagung einsetzbar gehört der Busen zu den wichtigsten Argumenten der Evolution. Lesenswert. Bekommt unsere Auszeichnung, den Busen-, äähh Musenkuß.

Bettinas Auftritt war immer grandios! Zielsicher schnappte sie das richtige Kleidungsstück aus ihrem Schrank. Wemm sie eintraf auf Partys, Abenden, Veranstaltungen von Freunden, wo auch immer, dann entschlüpfte den Gästen gewöhnlich ein Raunen. Männer flohen hinter die Tische und setzten sich auf ihre Hände. Frauen schauten fasziniert, manche schockiert und die strenggläubigen unter ihnen schier erbost: Die Frau sah anziehend aus und bedrohlich! Man konnte den Blick nicht von ihr lassen.
 
Yvonne Kuschel – „Busenwunder“
Texte und Zeichnungen, mit ca. 80 farbigen Abbildungen
2014 Secession Verlag, 156 Seiten, Broschur, ISBN 978-3-905951-27-1
12,95 € (D) | 15,95 CHF | 13,40 € (A)
 
Weitere Informationen:  www.secession-verlag.com  und  www.yvonne-kuschel.de