Im Kaffee-Haus

von Konrad Beikircher

Foto © Friederike Zelesko
Im Kaffee-Haus

Es war in einem Salzburger Hotel, wo folgendes passiert ist: Karl Kraus sagt dem Portier in den 1920er Jahren ein bißchen gestresst, daß er dringendst nach Wien müsse und fragt ihn, wann denn der Zug nach Wien komme. Der Portier antwortet ihm in salzburgerischer Gelassenheit (wir wissen: kein Salzburger kann einen Wiener leiden!): „No, so um drei kommt er gern!“.

Und der Kellner im Tomaselli hat sich auch nicht aus der Fassung bringen lassen. Das habe ich vor ein paar Jahren erlebt und das möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Sie kennen Cafès. Aber kennen Sie Kaffee-Häuser? Alfred Polgar hat mal geschrieben: „Das Schöne am Kaffee-Haus ist: man ist nicht zu Haus und doch nicht an der frischen Luft“. Der Unterschied zwischen einem Kaffee-Haus und einem Cafè erinnert mich an den zwischen Gottesdienst und Hochamt. Aber sei's drum. Tomaselli ist so ein Kaffee-Haus. Wunderwerke der Konditoren-Kunst erwarten den genußbereiten Gast.
Ich sitze vor einem kleinen Braunen, da setzt sich ein älteres Ehepaar an den Nachbartisch. Rheinländer, wie sich sehr schnell herausstellt. Auch an der Lautstärke, natürlich.
„Tach, Herr Ober, sch-hätte jern so e fein lecker Stückchen Käsesahne“.
„Wie wünschen, bitte?“.
„Wie: wie wünschen? Kennt Ihr kei Käsesahne?“.
Der Herr Franz (kein Mensch sagt in Österreich Ober), leicht indigniert:
„Bitte höflichst, gnä Frau: Nein“.
„Sicher kennen Sie dat! Käsesahne, mein Jott, kennt doch jeder!“.
„Bedaure höflichst, gnä Frau, aber vielleicht Topfentascherln?“.
„Wat es dat dann? Ich bruch kei Täsch, die han ich bei mir!“.
„Naja, oder vielleicht Topfenstrudel?“.
„Nee, um Jottes Willen: Käsesahne!“
„Dann hättn mir noch Topfenpalatschinken...“.
„Nee, nee, ich darf kei Fleisch, vum Aaz aus“
„Oder Powidltatschkerln?“.
„Wat es dat denn?“
„Versoffene Jungfrau'n? Schlosserbuben? Alte Weiber? Germkipferl? Kolatschen? Nußbeugerln? Stranitzeln mit Obers? Schokobusserln?“.
„Also ich mein, jetz wör et jot! Do jeihste en Österreich en et Cafè für e klein Stückchen Käsesahne, wat bei uns an jeder Ecke nachjeworfen kriss un wat es: man kritt lauter Schimpfwörter an dr Kopp! Also dann: atschöö zesamme!“.
Weg waren sie. Schad. Mit ein bißchen Neugier oder Mut hätten sie endlich den Unterschied zwischen Kaffee-Haus und Cafè sich auf der Zunge zerlaufen lassen können.


In diesem Sinne
Ihr
Konrad Beikircher
 


©  2013 Konrad Beikircher für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker