Ein schwebendes Verfahren

Christian Oelemann - „Totmann“

von Frank Becker

Titelillustration: Michael Gebauer
Ein schwebendes Verfahren
„Totmann“ von Christian Oelemann
 
 
Lucrezia würde laut auflachen, wenn sie mich sehen könnte,
wie ich seit sechzehn Jahren tagein tagaus den Engel über die
Wupper bugsiere. Ich lache ja selbst darüber. Das können Sie
aufschreiben, Frau Windíng. Ein Lachdienst ist das.
- Schwebebahnfahren.
Was glauben Sie, wie oft ich aus meinem Cockpit heraus lache,
wenn aus der Tiefe meines Hirns miteins irgendwelche erheiternden
Einfälle an die Oberfläche blubbern. Es sieht selbstredend niemand,
allenfalls die entgegenkommenden Kollegen.
 
Aus: „Totmann“ von Christian Oelemann  
 
 
Christian Olemann hat sich über viele Jahre als Autor von Kinder- und Jugendbüchern einen guten Namen gemacht, Doch nicht nur Kinderbücher entstehen in seiner Schreibwerkstatt, sein erster Roman ist bereits Ende 1997 im Wuppertaler Atelier Verlag erschienen: „Totmann - Ein schwebendes Verfahren". Hier stellte er sein Erzähltalent auch bei der "großen Form" unter Beweis. "Totmenn“ ist ein ungemein witziges Buch, das Selbstgespräch des Schwebebahnfahrers Schorsch, der am Vorabend der Begegnung mit einer Schriftstellerin, die ein Buch über einen Schwebebahnfahrer schreiben will, sein Leben überdenkt, trinkt, reflektiert, trinkt und mit sich über alles und jeden, über Gott und die Welt spricht.
Oelemann läßt seine Figur dabei kenntnisreich und ohne Schranken oder Rücksichtnahmen reden. Er vermeidet eloquent und treffsicher kein Fettnäpfchen in das und keinen Schlips, auf den man treten kann. Jeder kriegt seinen Teil, und wer glaubt, davongekommen zu sein, findet sich ein paar Seiten weiter wieder, Klerus, Wissenschaft, Kunst und Bürgertum. Ein köstliches Buch, in logischer Konsequenz in Gläschen anstatt Kapitel eingeteilt, und weil es in Wuppertal spielt und die Schwebebahn eine wichtige Rolle bekleidet, hat es seinerzeit im Tal soviel Anklang gefunden, daß man es heute ruhig noch einmal empfehlen kann. Es ist ein Buch für Wuppertaler, Schwebebahnfahrgäste, Schwebebahnfahrer und Freunde spritziger Lektüre, besonders wenn verschiedene der genannten Faktoren zusammenkommen. „Totmann“ kann man zwar nur noch in Antiquariaten bekommen – doch die Suche lohnt.
 
„Totmann. Ein schwebendes Verfahren“
1997 Atelier Verlag Wuppertal, 166 Seiten, Klappenbroschur, Glossar  -  ISBN: 3-9805886-2-9
 
Weitere Informationen:  christian-oelemann.de