Ein digitaler Sündenfall

Harry Luck – „Versuchung“

von Frank Becker

Foto © Hendrik Steffens

Versuchung
 
Der neue Thriller von Harry Luck
 
Mit Adam und Eva fing bekanntlich alles an. Harry Luck bringt die Vertreibung aus dem Paradies in seinem jüngsten, etwa zehn Jahre voraus schauenden Thriller à jour, greift den Sündenfall, den Biß in den digitalen Apfel auf. Die junge Berliner Journalistin Eva Röller, soll sich mit einem Interview des überaus medienscheuen, geheimnisumwitterten Chefs des Weltmarktführers für digitale Medien „SkyCorp“ bei ihrem Arbeitgeber, der Online-Zeitung worldnews.de, ihre Sporen verdienen. Die Aufgabe reizt, zumal sie dafür nach Bangkok in Thailand geschickt wird, wo das Unternehmen seine Weltzentrale hat und Marc Donnelly sein streng abgeschirmtes Büro.
Der Beinahe-Monopolist für Computer, Datenbanken, Suchmaschinen, Internet-Dienste und Mobilfunk verfügt dadurch quasi über unbeschränkte wirtschaftliche wie politische und vor allem digitale Macht und hat natürlich auch die unerfahrene Journalistin „am Haken“. Er bestimmt das Gespräch, führt Eva Röller seine Macht vor und gibt ihr Informationen über ein neues, von SkyCorp entwickeltes, jedoch wegen seiner Brisanz unter Verschluß gehaltenes Suchprogramm SkySearch 7.0 – Informationen, die sie unter Strafandrohung jedoch nicht veröffentlichen darf. Es geht um das gesamte Wissen der Menschheit in einer Hand. Eine digitale Büchse der Pandora - und Gedanke, der erschaudern läßt. Es ist genau die große Story, die sie sich wünscht – und die genau wie die unter Verschluß genommene SkyCorp-Software die verbotene Frucht ist.
Doch als ihr kurz darauf eben diese geheimen Informationen von anderer Seite zugespielt und ohne ihr Zutun weltweit veröffentlicht werden, wird es für die junge Frau brenzlig. Sie wird noch in Bangkok überfallen, von Donnelly ins Gebet genommen und fühlt sich, auch als sie wieder in Berlin ist, ständig beobachtet.
 
Harry Luck, selber in allen journalistischen Sätteln erfahrener Nachrichtenmann, entwickelt die Geschichte flüssig und spannend, man liest sich flott hinein, nimmt Anteil und baut Neugier, Sympathien und Antipathien auf. Die weiteren Haupt- und Nebenfiguren wie Evas sympathischen Kollegen Adam Berger (es ist schnell klar, daß die beiden ein Paar werden), ihren cholerischen Chef, die Redaktionskollegen und die hochschlafbereite Volontärin Carolin zeichnet er mit ziemlicher Sicherheit aus der Erfahrung seines langen Berufslebens. Die Typen stimmen.
Wie dann die Spuren der brisanten Informationen und des noch ein wenig geheimnisvolleren früheren Partners Donnellys, Tom Baron, nach Berlin führen, was dort passiert und wie Adam und Eva vor (nicht dem jüngsten) Gericht landen, ist in einem Fluß erzählt. Es gibt, soviel sei verraten, ein Happy End für die Liebenden, wenn auch für meinen Geschmack ein wenig zu weich gespült. Und ganz schlüssig dröselt Harry Luck das Mysterium um Tom Baron letztlich nicht auf. Sie sollten dennoch nicht der Versuchung widerstehen, diesen höchst unterhaltsamen Roman zu lesen.
 
Harry Luck – „Versuchung“
© 2014 Gabriel Verlag, 238 Seiten, Klappenbroschur, ISBN: 978-3-522-30352-1
12,99€ [D], 13,40€ [A], 18,90 [sFr]
 
Laut Verlag ab 14 Jahren geeignet