Reflexionen unterm Hirschgeweih FUX: Ein verstaubter Gasthof als idealer Ort
Rudelgucken als Teil der Performance? Klingt arg gewichtig, geht es hier doch auch einfach darum, daß in den „Fuchspark“ wieder Leben einkehrt. In das Uralt-Gasthaus am Wuppertaler Westfalenweg bringt das Bühnen-Projekt „FUX“ für einen Monat Tanz, Film, Essen – klar eigentlich, daß da per Leinwand im alten Wintergarten auch der Ball rollt.
Aber zufällig ist der Ort ja nicht. „Früher war alles besser. Früher war alles aus Holz“: Dieses Motto stand fest, bevor die Theatermacherinnen Anne Hirth aus Berlin und Johanna-Yasirra Kluhs aus Essen per Zufall auf den „Fuchspark“ stießen, einst beliebtes Ausflugslokal und erst seit Kurzem für den Tagesbetrieb geschlossen. Und Programm ist es geblieben: Bei aller Vielfalt geht es quer durch diesen Monat um ein Grundthema. Daran wird der Zuschauer schon mal unverhofft erinnert bei einer Begegnung mit dem breitmäuligen Fischkopf an der Wand oder dem namensgebenden Rotrock in der Vitrine, wenn er nach einer Aufführung arglos durch den Gastraum schlendert. Oder eben in der Halbzeitpause.
Das Motto ironisiert natürlich nostalgische Verfallsklagen unüberhörbar. Holz ist Natur ist Echtheit ist Wahrheit … die Abgrenzung vom modernen Funktionalismus, wie sie etwa der Edel-Händler „Manufactum“ betreibt und erfolgreich zum Geschäftsprinzip erhebt: Der Fux-Doppelsatz macht sich einen Spaß daraus, wie schief diese Verklärung oft ist. Denn Holz ist ja nicht nur Natur, sondern halt auch: hölzern.
Bei allem sanften Spott geht es dem Fux ganz offenkundig aber keineswegs darum, dagegen nun „das Heute“ als Heilsbringer vorzustellen. Eine der putzig bezeichneten Reihen (neben „Fux guckt“ oder „Fux geht raus“) heißt „Fux hört“, wird organisiert von Ute Völker und Maik Ollhoff, und zur Erstausgabe können die Besucher im Thekenraum herumgehen und zwei Männer beobachten, wie sie erstaunliches Neues tun mit etwas Altem – mit Schallplatten. Der Musiker Koljeticut greift in den rotierenden Plattenteller und nimmt das Ergebnis auf, um es sofort am Computer als Modul zu bearbeiten und neu einzubauen. Als wolle er die Generation Laptop mit klassischen Tonträgern zusammenbringen, und das mit Mitteln der DJ-Kultur. Claus van Bebber dagegen, der ihm gegenübersteht, bleibt analog, erzielt dafür mit abgeklebten Platten und präparierten Plattenspielern Lauteffekte, die er stellenweise zum rhythmischen Konzert mit dem Jüngeren werden lässt.
„Früher“ plus „Heute“ gibt … anders: Derlei Einsichten mögen in den geschichtssatten Fuchspark-Hallen besonders gut gedeihen.
Aber so wenig sich das kultivierte Jungvolk aus dem Tal ganz wohl fühlen muß im piefigen Ambiente von Anno dazumal: So wenig will wohl der „Fux“ zwischen alt und neu bloß Harmonie predigen. Fux-Frau Anne Hirth vom „büro für zeit und raum“, zum dritten und letzten Mal Partner der Bühnen im Kulturfonds „Doppelpaß“, zeigt auch Konflikte: Ein von ihr selbst gestalteter Abend, der als Titel das Motto des Festivals trägt, spielt einige Varianten des Umgangs mit Altem durch und läßt sie zuweilen auch aufeinanderprallen. Gespannt verfolgt das Publikum, auf Sitzreihen an beiden Enden des Tanzsaals verteilt, zwei Darsteller (aus dem „Fux-Ensemble“ mit Laien) in stummem Spiel – er kehrt minutenlang die Reste einer Feier hin und her, sie verlegt sich resigniert aufs Kartenspiel. Geht etwas zu Ende, möchte man das lesen, bleibt eben oft nur Tristesse. Ein Chor ist nebenan zu hören, bricht ab, setzt immer neu an und stürmt schließlich lebhaft in den Saal und ans Klavier – wie um das Beste aus der Lage zu machen; doch der triste Kehrer hat trotzig schon wieder den Besen in der Hand.
Nur wenige aus zahlreichen Eindrücken, zu denen etwa auch Tanztheater-Mitglieder in Wald und Tann gehörten – und denen bis zum 27. Juni noch einiges folgen wird. Gemeinsam ist ihnen wohl die Echtheit des Ortes: Wird Vergangenes hier doch nicht nur verhandelt, sondern steckt ganz real in den knarrenden Dielen.
Mehr Informationen und verbleibende Termine unter: www.fux-wuppertal.de
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