Laßt uns in Ruhe!
Die Stimmung in Paderborn ist oft bedrückt. Oft verwirrt gerade das Glück die Ostwestfalen. Nach Fußballsiegen, gerade gegen Mannschaften, die ihnen haushoch überlegen sind, werden Paderborner mißtrauisch. Sie wissen, was ihnen gut tut, und das sind nicht immer Siege. Darf man denn plötzlich gewinnen, wenn man sich bisher als guter Verlierer ausgezeichnet hat? So ein Imagewechsel nagt am Selbstwertgefühl. Will das Schicksal durch solche Siege nicht ein Zeichen setzen? Christian Strohdick, Spieler und Vordenker beim SC Paderborn 07, bringt es auf den Punkt: „Wir wußten, was uns erwartet. Wir wußten, daß uns die Gegner teilweise unterschätzen. Wir kennen unsere Stärken und das haben wir heute gezeigt.“ Bei so viel Glück wird der Paderborner mißtrauisch. Er tritt zurück. Er trägt schwarz und büßt im Vorfeld. Er macht Platz für andere, die die üblichen Gewinner sind. Der Paderborner weiß, daß das Glück sich nun woanders seinen Ausgleich holt. Die Schicksalswaage, die zwischen Glück und Unglück pendelt, sucht Ereignisse um das himmelhochjauchzende Glück wieder in die Normallage zu bringen. Der Paderborner spürt dieses Suchen und versucht nicht durch unnötige Freudensprünge auf sich aufmerksam zu machen. Manche reden leiser und schauen sich mehrfach um, bevor sie die Straße überqueren. Es wird wieder herumgedruckst in der Paderstadt. Man verliebt sich in Menschen, die einsam sind. Die Paderborner stehen wieder dort an, wo sie auf das Glück warten müssen. So sind sogar die Baustellen, die derzeit das Treiben und Fahren in Paderborn beeinträchtigen, willkommene Schicksalsschläge, um nicht das Glück zu sehr zu provozieren. Man hofft, das Glück läßt sich durch diese kleinen Opfergaben bestechen. Wir kennen unseren Platz in der Welt. Wir nehmen ihn an. Paderborn steht zu seinem Ruf. Laßt uns in Ruhe. So heißt das eigentliche Glück der Welt.
Ruhe!
© 2014 Erwin Grosche für die Musenblätter
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