Vom Schaukelstuhl aus

Alfred Komarek – „Anstiftung zum Innehalten“

von Frank Becker

Herr, es ist 15.43 Uhr...

Nun ist Alfred Komarek ja ohnehin ein recht berüchtigter Anstifter, der zur besten Unterhaltung, zum höchsten Amüsement und zur fundierten Information des Lesers manch einen literarischen Cicerone durch österreichische Landschaften verfaßt, grandiose Kriminal- und vielschichtige Entwicklungsromane geschrieben hat. Ein Anstifter zum Lesen, zum Versinken in den Geschichten, die er entwickelt, seien es seine grandios verfilmten Polt-Krimis, die Daniel-Käfer-Romane oder seine kundigen Reiseführer durchs Salzkammergut und Ausseerland, um nur eine Auswahl zu nennen.

Nun also will er uns zum Innehalten anstiften. Da folgt man gerne, besonders jetzt, wo die Welt um uns herum völlig aus den Fugen geraten scheint, Katastrophenmeldungen im Stundentakt die Nachrichten beherrschen, Bankiers sich ohne Maß und Scham bereichern, während die in Armut versinken, deren Geld sie veruntreut haben und Polizisten wie jüngst in Stuttgart von der Staatsmacht zum Verprügeln von demokratisch handelnden Bürgern mißbraucht werden. Man hört die mahnende Stimme von Andreas Gryphius nicht mehr, die rief: „Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden./Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein...“.

Alfred Komarek aber sieht das - vom Schaukelstuhl aus, in dessen wiegende Sicherheit er sich zum Gedankensammeln und Erinnern für dieses Buch zurückgezogen hat. Dort macht er sich so seine Gedanken über das Schreiben mit der Füllfeder, die Schlange, die „Google“ heißt, das Messen der Zeit, den Unfug des Booms und über Alphatiere. Wie nah er seinem Daniel Käfer wirklich ist, war eh schon lange zu ahnen - jetzt bekennt Alfred Komarek es ohne Umschweife. Und daß ihm Donald Duck kaum minder nahe steht, ist nicht nur ausgesprochen sympathisch, sondern Eingeweihten auch spätestens seit seiner Teilnahme am Bochumer Kongreß der D.O.N.A.L.D. im März 1982 bekannt.

Alfred Komarek hat ein liebenswertes, kluges Büchlein geschrieben, das man vor und zurück liest, bei der Lektüre immer wieder auf Lieblingsstellen zurückkommt und vor allem: in dem man sich findet. Man begenet in seinen Worten einigen, die ihm etwas für sein Leben mitgegeben haben - und er läßt den Leser daran teilhaben: Hans Weigel, Helmut Qualtinger, Rainer Maria Rilke, Billy Wilder, Friedrich Hölderlin. „Schön  langsam“, mahnt er uns - und erinnert mit Friedrich Luft daran, auch das kleine Amüsement nicht zu versäumen: „Ich habe gelacht. Aber weit unter meinem Niveau.“ Einige stimmungsvolle schwarz-weiß-Fotos hat er gemacht und den Kapitelchen mit Feingefühl und Humor zugeordnet. Was Komarek uns hier schenkt ist selten und dadurch besonders dankenswert. Wir fühlen uns angestiftet. Dafür gebührt ihm die höchste Auszeichnung der Musenblätter: der Musenkuß.

Überlassen wir das Schlußwort (aus dem Text „Wir sind so frei“) unserem Autor: „Ganz weit weg, in der Stadt, da chillen sie. Muß irgendeine Krankheit sein.“
 
Alfred Komarek – „Anstiftung zum Innehalten“
Essays und Feuilletons
© 2010 Styria Verlag, 157 Seiten, geb. m. Schutzumschlag,13,5 x 21,5 cm, mit Fotos von Alfred Komarek u.a.  -  ISBN: 978-3-222-13297-1 
19,95 €
 
Weitere Informationen unter:  www.ichlese.at