Bettengeschichten

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker

Bettengeschichten
 
Das Einbettzimmer ist ein kaum zu verändernder Zustand, außer man mag es unbequem. Ein Doppelbettzimmer ist doppelt so groß wie ein Einbettzimmer, aber auch doppelt so teuer. Ein Dreibettzimmer ist genauso groß wie ein Doppelbettzimmer, nur muß einer in der Mitte liegen und zwar in der Mulde. Ein Vierbettzimmer ist besser als gar kein Zimmer, wird aber im Doppelzimmer gedoppelt, indem zwei Doppelbetten übereinander gestapelt werden. Ein Viereinhalb-Bettzimmer ist das Zimmer einer Viererrudermannschaft mit Steuermann, wobei der Steuermann im Babybett schläft und trotzdem die Gute-Nacht-Geschichte erzählen muß. Das Fünfbettzimmer ist nur zu ertragen, wenn man jung, besoffen und auf Klassenfahrt ist und es eine Verbindungstür zu dem Mädchen-Fünfbettzimmer gibt. Gar kein Zimmer ist manchmal besser als ein Sechsbettzimmer, weil statistisch gesehen von sechs Menschen zwei schnarchen, zwei dauernd zum Klo rennen und zwei im Schlaf solche Sätze lallen wie: „Ich bin allein, du bist allein, wir sind allein.“ Das ist manchmal kaum zum Aushalten, außer man schnarcht, rennt dauernd zum Klo und muß solche Sätze lallen wie: „Ich bin allein, du bist allein, wir sind allein.“ Das Siebenbettzimmer wird von Schneewittchen aufgeräumt, hat nur kleine Betten und bekommt einmal die Woche Besuch vom Apfelbringservice. Das Achtbettzimmer ist ein Vierbettzimmer mit Spiegelwand, in dem gerne Vierlinge liegen, die nicht genug kriegen können. Das Neunbettzimmer haben neun Apostel in Beschlag genommen, weil der zehnte Apostel nebenan in einem Einbettraucherzimmer raucht und alleine beten will. Das Zehnbettzimmer ist das Lager eines Bettenstudios und nicht für einen längeren Aufenthalt vorgesehen. Manchmal verirrt sich ein Betrunkener dorthin und denkt, er wäre allein im Zwanzigbettzimmer und schläft dann ganz geborgen ein wie hundert Mann.
 
 
© 2014 Erwin Grosche  für die Musenblätter