Es war nicht alles schlecht...

„Akt in der DDR“ – Eine (wehmütige) Retrospektive

von Frank Becker

Titelfoto: SLUB Dresden/ Deutsche Fotothek / Roger Rössing

Es war nicht alles schlecht...
 
„Es war nicht alles schlecht...“ Diesen trotzigen Satz hört man später immer wieder aus den Mündern jener, die ein Unrechtssystem lieber an seinen wenigen positiven Erscheinungsformen anstatt an seinem Unterdrückungs- und Gängelungsapparat messen möchten. Damit liegen diese Unbelehrbaren, egal wo und wann und egal wie natürlich immer völlig falsch. Denn das staatliche System einer Diktatur ist immer schlecht, seine Politik ist immer falsch.


Foto © 1964 Klaus Ender (S. 15)

Das trifft allerdings nicht die Bürger, im besonderen Fall Künstler und hier die Fotografen, die sich kreativ über die Gängelung durch politische wie geistigen Beschränkungen hinwegsetzen und mit ihrer Arbeit Ästhetik, Sinnlichkeit und natürliche Schönheit transportieren – alles Werte, die eine Diktatur mit staatlich verordneten Normen und politisch propagiertem Schönheitsideal nicht hat und nicht kennt. Im vorliegenden Beispiel, dem Band „Akt in der DDR – Eine Retrospektive“ wird ein solcher Freiraum vorgeführt. Fotografen und Modelle schufen sich in der DDR einen Freiraum, den letztlich auch die „Organe der Republik“ hinnehmen, ja akzeptieren mußten. So wie in der Freikörperkultur der DDR wurden auch hier verordnete lächerliche Schamgrenzen außer Kraft gesetzt. Die Fotografen, aber vor allem die Modelle bewiesen Selbstbewußtsein und feierten den weiblichen Körper in seiner ungeschminkten Schönheit. Auch die beliebtesten Zeitschriften der DDR „Das Magazin“ und „Eulenspiegel“ mit der Beilage „Die Funzel“ beugten sich dem Wunsch des Publikums und veröffentlichten regelmäßig Aktfotografien. Und das war / die waren wirklich nicht schlecht.


Foto © Gerd Rattei (S. 86)

 
Etliche Beispiele der Arbeiten Klaus Enders´, Gerd Ratteis und Günter Gueffroys aus der Zeit vor 1989 haben wir Ihnen in den Musenblättern schon zeigen können – und werden das in Zusammenarbeit mit den Künstlern auch fortführen. Das Buch „Akt in der DDR – Eine Retrospektive“ gibt alphabetisch geordnet inklusive Kurzbiographien mit mehr als 100 s/w-Fotografien einen umfangreichen, wenn auch nicht kompletten (z.B. fehlt Günter Rössler) Überblick über die DDR-Aktfotografie. Das Buch zeigt Arbeiten von Christiane Damerau, Klaus Elle, Klaus Ender, Klaus D. Fahlbusch, Angela Fensch, Klaus Fischer, Günter Gueffroy, Heide Marie Hagen, Dirk Hanus, Harry Hardenberg, Wolfgang Hiob, Eberhard Jähnig, Thomas Karsten, Peter Kersten, Hugo von Keyserlingk, Joachim Kirchmair, André Kowalski, Josef Liedke, Olaf Martens, Knut Müller, Gerd Rattei, Günter Rinnhofer, Joachim Rosse, Roger Rössing, Rudolf Schäfer, Angelika Schenke, Monika Schulz-Fieguth, Alexander Stingl, Walter Streit, Wolfgang Thime, Norbert Vogel, Heidi Vogel-Hennig, Gerhard Weber, Holger Ziems.


Foto © 1986 Günter Gueffroy (S. 33)
 
„Akt in der DDR – Eine Retrospektive“
© 2014 Verlag Bild und Heimat, 144 Seiten, gebunden, mehr als 100 s/w-Fotografien
ISBN: 9783867894494
14,99 €
 
Weitere Informationen:  www.bild-und-heimat.de