„bin völlig meiner Meinung”

Konrad Beikircher mit dem 13. Teil seiner „Rheinischen Trilogie“

von Frank Becker

Foto © Frank Becker

 

„bin völlig meiner Meinung”
 
Konrad Beikircher mit dem 13. Teil seiner „Rheinischen Trilogie“
Ein Wiederhören mit der unsterblichen Frau Roleber
 

Sarens, Frau Walterscheidt!
 
Erinnern Sie sich auch an die Bönnsche Frau Roleber, die Bäckersgattin vom normalen Glauben, die mit ihren an die ebenso legendäre Frau Walterscheid gerichteten Rundfunk-Monologen von 1984 an im Rheinland zum unverzichtbaren Kulturgut wurde? Konrad Beikircher hatte die beiden Originale damals aus der Taufe gehoben und ihnen bis 1991 im WDR-Radio Text und Stimme gegeben. 31 Jahre nach dem Anfang feiern die handfesten Damen in Beikirchers knackfrischem Bühnenprogramm „bin völlig meiner Meinung”, dem dreizehnten Teil seiner „Rheinischen Trilogie“, fröhliche Urständ´. Die Bäckerei hat aufgeben müssen, obwohl ihre Brötchen besser waren als die von Kamps, und hat sich zum Postshop gemendelt. Immer noch besser, als wäre der Laden so ein modernes Beerdigungs-Geschäft geworden, mit Sarg und Urne im Schaufenster und Online-Beerdigung mit Sarg-Flatrate und Abnippel-App.
Mit den quasi noch druckfeuchten Skript-Seiten im Gepäck (Premiere war am 10. Januar im Kölner „Senftöpfchen“) und einem beinahe dreistündigen Abend unterhielt der aus Südtirol stammende erklärte Wahlrheinländer am Samstag im restlos ausverkauften großen Saal der einstigen „Ruhmeshalle“ Wuppertal-Barmens (heute Haus der Jugend) in einer Veranstaltung des „Forum Maximum“ ein höchst amüsiertes Publikum. Konrad Beikircher gehört wohl zu den liebenswertesten Künstlern seiner Branche, pointiert bis süffisant im treffenden Witz, doch nie verletzend oder bösartig. Diese sanfte von Humor und Spott begeistert sogar die Betroffenen, denn mit Beikircher, der schmunzelnd berichtet, schon mal als „Kabaratist“ bezeichnet worden zu sein, kann man auch problemlos über sich selber lachen. Er nämlich auch über sich. Und das quittiert der Bergische Mensch bei der Bemerkung, daß das Bergische klinge wie Rheinisch mit Wollsocken, mit schallendem, selbstironischem
Gelächter.


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…überhaupt, wo sie jrad saren…
 
Seit 50 Jahren ist Konrad Beikircher jetzt im Rheinischen Universum unterwegs - und zu einem Fixstern der kabarettistischen und musikalischen Unterhaltung geworden. Kaum ein Eingeborener kennt sich dort besser aus, gerade jetzt, „in einer Zeit, in der man differenziert denken muß“, sind seine Kenntnis und sein Fingerspitzengefühl eminent bedeutsam. Woran es wohl liege, daß es im Rheinland anders als wies woanders sei, kann er nur vermuten. Vielleicht liegt es ja an der weltläufigen Köln-Bonner Bucht, sozusagen mit der Eifel im Outback. Oder ist es die überdurchschnittlich hohe Zahl der Schutzheiligen und Reliquien, aufs Rheinland verteilt? Immerhin: Köln (Hl. Drei Könige), ebendort in vier Kirchen 4 Vorhaut-Schnippel Jesu, Mönchengladbach (ein Fetzen vom Tischtuch des letzten Abendmahls), abgeknipste Fingernägel, Knöchelchen, Josefshosen werden da und dort im Rheinland aufbewahrt, sogar ein Stück von dem Lehm, aus dem Gott einst Adam geformt habe (kein Jux!) hält die Minoriten-Kirche St. Franziskus in Köln vor. Und Konrad Beikircher hat für alles augenzwinkernd Hintergründe und garantiert wahre Geschichten parat und weiß die kompliziertesten Zusammenhänge (fast) glaubhaft aufzudröseln.
 
Auch in die jüngere Geschichte führen seine Erzählungen und Erinnerungen, denken wir nur an Rudi Dutschkes Auftritt in der Bonner Uni 1967 – „Reveluzzion mit Garderobenmarke“ sozusagen, als die brave Garderobenfrau der Uni der heiser agitierenden SDS-Ikone seinen Dufflecoat mit den Worten „Herr Dutschke, donn se sich doch ihr Mäntelche an, sonst hole se sich noch jet wech“, nach draußen ans Mikro brachte – und energisch seine Garderobenmarke einforderte.


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Als Zombie in der Disco
 
Viel Heiterkeit erntete der sympathische Erzähler auch mit der Reflexion des eigenen Alters – zu dem sich auch die Mehrzahl seiner Zuhörer zählte, folglich mitempfinden konnte. Der Bergheimer Boom-boom-Sound ist eben nichts mehr für unsereiner Ohren. Die Auseinandersetzung mit Fast Food (Beikircher ist leidenschaftlicher Koch und Feinschmecker) schildert er anhand des Zitats eines Kollegen, der von McDonalds ab- und zu Burger King mit dem Argument riet: „Ich esse nur bei Burger King – da bin ich unter Scheißefressern Gourmet“. Und als solcher lehnt er unisono mit Frau Roleber Kokosmakronen ab – scheinbar auch die überwältigende Mehrheit des jubelnden Publikums. Und wo sie jrad saren: EMS! Das ist ja nun gar nichts, weder für Frau Walterscheidt, noch für Konrad Beikircher, der das elektrische Gezappel zur Muskelbildung recht plastisch und komisch zu beschreiben vermag. 
Doch alle im Saal waren mit ihm einig, als er bekannte rheinische Karnevalslieder und das Genie ihrer Texte pries: bei dem Jupp Schmitz-Schlager „Em Winter, dann schneit et, em Winter eß et kalt …“ und dem Bläck Fööss-Hit „Mer losse d'r Dom en Kölle“ schmetterte die Jemeinde mit und Konrad Beikircher gab ein Tänzchen zum Besten. Ein wunderbarer Kabarettist, ein herrlicher Abend!


Foto © Frank Becker
 
Weitere Informationen:  www.beikircher.de