Yeats Festival 2015

Ein ganzes Jahr für eine irische Ikone

von Judith von Rauchhaupt

Yeats Festival 2015:
Ein ganzes Jahr für eine irische Ikone
 
Zum ersten Mal würdigt Irland einen seiner Dichter
in solchem Umfang und erhebt William Butler Yeats
zum 150. Geburtstag zur nationalen Symbolgestalt.
 
Wegweiser quer durch Irland führen zu den Lebensstationen des größten englischsprachigen Dichters der Jahrhundertwende. William Butler Yeats hat als erster Ire 1923 den Literaturnobelpreis erhalten und wie kaum ein anderer das Land und seine Kultur in Gedichten voller Naturmystik und Symbolismus verewigt. Die Akademie des Nobelpreises zitierte, er habe mit seinem Werk „dem Geist einer ganzen Nation einen Ausdruck verliehen“.
Am 13. Juni 1865 ist W. B. Yeats in Sandymount bei Dublin geboren. Und vom heutigen Writers Museum in Dublin führt seine Spur ins westliche County Galway, wo er viele Sommer auf dem Landsitz Coole Park bei Gort verbrachte und zwölf Jahre in einem normannischen Turm in Thoor Ballylee lebte. Und weiter führt der Dichterpfad nach Drumcliff im County Sligo, wo er nach seinem Willen am Fuß des gewaltigen Tafelbergs Ben Bulben die letzte Ruhestätte fand. Besonders diese Orte richten nun das einjährige Lobesfest zum 150. Geburtstag des Dichters in Zusammenarbeit mit der National Library in Dublin und der British Library in London aus.
Yeats frühe Gedichte werden der englischen und irischen Romantik zugeordnet. Als Schriftsteller ließ er sich von keltischer Mythologie leiten und von Dichtern wie Shakespeare und Shelley beeinflussen. Gemeinsam mit Lady Augusta Gregory, der Herrin von Coole Park, war er ein glühender Förderer der irischen Renaissance und gründete 1899 das Irish Literary Theatre, aus dem 1904 das nationale Abbey Theatre in Dublin hervorging. Schauplätze gibt es also genug, um ihn und sein Werk mit Aufführungen, Lesungen, Workshops, Konzerten und Ausstellungen zu ehren.
Als Mittelpunkt seines Lebens und größter Quelle seiner Inspiration aber kehrte Yeats immer wieder nach Coole Park und zu seiner Freundin und Mäzenin Lady Augusta zurück. Sieben in den Himmel greifende Laubwälder bilden dort den Saum eines pathetischen Tals mit einem weit gebogenen Flussmäander, der im Herbst und Winter anschwillt und aus unterirdischen Strömen Seen heraufdrückt – die Turloughs. Mit ihrem Kommen und Verschwinden galten sie den Iren als Geisterseen. Yeats glaubte daran, dass er nach seinem Tod in diesem schönsten Naturgarten des Inselwestens „einige Jahre rückwärts leben und die Pfade gehen würde, die er einmal gegangen ist.“ Das Herrenhaus existiert heute nicht mehr. Aber der Park mit turmhohen Buchen und steinalten Eiben und das Tal der Turloughs werden vom Staat als nationales Erbe mit einem Museum gepflegt. Im Zentrum des Parks raschelt der Autograph Tree, eine monumentale Rotbuche, in deren Stamm die Initialen irischer Dichter ins Holz eingewachsen sind. G.B.S, George Bernard Shaw, J.M.S., John Millington Synge und natürlich W.B.Y., William Butler Yeats. Der kleine Friedhof von Drumcliff im nordwestlich gelegenen County Sligo, wo sich sein Grab mit der von ihm selbst verfassten Inschrift aus dem späten Gedicht Am Fuße von Ben Bulben befindet, wird im Feierjahr von tausenden Pilgern besucht werden. Das wäre für Yeats die Zeit, sich nach Innisfree zurückzuziehen, jener einsamen der Küste vorgelagerten Insel, der er das Gedicht die Seeinsel von Innisfree widmete. Eines der beliebtesten irischen Volkslieder ist daraus hervorgegangen: The Rose of Innisfree. So heißt heute ein kleines Ausflugsboot auf die fast unbewohnte Insel.


Die Seeinsel von Innisfree

Ich steh jetzt auf und gehe nach Innisfree sofort,
Aus Lehm und Reisig bau ich mir eine Hütte dort,
Und hab neun Reihen Bohnen, ein Bienenvolk, das brummt,
Und leb allein im Wald, von Bienen umsummt.
 
Dort find ich etwas Frieden, dort tröpfelt Frieden stille,
Tropft von des Morgens Schleiern ins Gras, da singt die Grille;
Dort wird die Nacht zum Glitzern, der Mittag Purpurschein,
Der Abend ein Geräusch von Hänflingsflügeln sein.
 
Ich steh jetzt auf und gehe, denn ich hör Tag und Nacht
Den See ans Ufer plätschern, die Wellen kräuseln sacht:
Gleich, ob ich auf dem Feldweg, auf grauem Pflaster steh,
Ganz tief im Herzen hör ich den See.
 
W. B. Yeats
 
 
Weitere Informationen: Irland Information, Frankfurt/Main, Tel.: 069-66 800 950, www.ireland.com, info.de@tourismireland.com
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Redaktion: Frank Becker