Matratzenkönige

(An verregneten Sonntagen zu singen)

von Tina Teubner
Matratzenkönige
 (An verregneten Sonntagen zu singen)

Ich wache müde auf und hör' den Regen an den Scheiben,
ein kurzer Blick durch's Fenster reicht um liegen zu bleiben.
Nasse Katzen streunen einsam durch den kalten Wind,
manchmal huscht ein Regenschirm vorbei und mit ihm ein Kind
Im Nachbarhaus knallt eine Tür, von fern hört man Geschrei.
Ich halt mir beide Ohren zu, dann ist's mir einerlei,
da schlägst du deine Augen auf und lachst mich freundlich an,
bislang hat dir der böse Sonntag noch nichts angetan.
Auf einmal bin ich für die kalte Welt da draußen blind,
weil wir Matratzenkönige sind.

Wir fangen langsam an, uns unsere Festung zu bauen,
ohne auch nur kurz auf unseren Schreibtisch zu schauen,
denn da wartet leider eine ganze Menge Papier.
Doch Papier kann nicht reden - also ab dafür.
Du hast mir grad' das erste Frühstück aufgetischt,
da hat Miss Marple schon den dritten Mörder erwischt,
denn die ist clever, nur uns, uns wird sie nicht kriegen,
weil wir selig in unseren Betten liegen.
Vielleicht wütet draußen nur der eisig kalte Wind,
weil wir Matratzenkönige sind.

Der Zeiger auf der Uhr wandert langsam nach vorn,
bestimmt sind heut' schon mehr als tausend Kinder geboren,
auf den Straßen haben sich schon Autos gerammt,
in den Städten stehen Menschen vor dem Standesamt,
in New York hat ein Star ein Flugzeug verpaßt,
ein kleiner Gauner sitzt seit heute früh um sechs im Knast.
Das hat er sich nun wirklich selber zuzuschreiben,
er könnte ja genau wie wir zu Hause bleiben.
Was er erleben muß, ist uns gewiß nicht bestimmt,
weil wir Matratzenkönige sind.

Draußen wird es dämmrig, immer noch fällt der Regen,
doch inzwischen haben wir überhaupt nichts mehr dagegen.
Der Regen da draußen macht doch nur die anderen naß,
doch wir sind im Warmen, und wir haben unseren Spaß.
Wir plappern und wir machen, was man sonst so tut.
Ein paar Krümel pieksen uns, und unser Übermut
läßt uns fragen, was am Ende dieses Tages steht:
vielleicht ein Lied, vielleicht ein Baby, vielleicht auch ein Gebet
für die Nacht; noch im Traum sind wir stolz wie ein Kind,
weil wir Matratzenkönige sind.


Tina Teubner


(aus: Männer brauchen Grenzen)