„Die Wupper“

Stephan Müller inszeniert Else Lasker-Schülers Drama fürs Wuppertaler Theater

von Martin Hagemeyer

Foto © Sebastian Klement

 
„Die Wupper“
 
Stephan Müller inszeniert Else Lasker-Schülers Drama
mit einer ungewöhnlichen Idee fürs Wuppertaler Theater
 
Fünf Spielorte, darunter ein fahrender, lokale Prominenz, ein Promi-Koch selbst fürs Künstler-Catering: „Die Wupper“, die nächste Premiere beim Wuppertaler Schauspiel, verspricht spektakulär zu werden. So ein Versprechen muß man ja zunächst einmal nicht unbedingt mögen.
 
Die Idee allerdings ist einleuchtend und zeugt mindestens von Einsatzfreude: Unter der Produktionsleitung von Helene Vogel will man für die Inszenierung des Lasker-Schüler-Stücks die Lasker-Schüler-Stadt selbst einbeziehen. Vom Theater am Engelsgarten aus werden nach dem ersten Akt zwei Reisebusse die Zuschauer durchs Tal fahren – hin zu Orten, an denen die Handlung stattgefunden haben könnte. Für Akt zwei geht es zur Bandweberei Büsgen beim Alleehaus als Stätte der Industrialisierung, vor deren Hintergrund die Geschichte der Familien Pius (Arbeiter) und Sonntag (Fabrikanten) spielt. Im Bus selbst und anderswo sind Experten aus der Stadt mit von der Partie – darunter der frühere Stadtarchiv-Chef Dr. Uwe Eckardt, der Historiker Rainer Rhefus oder der Politiker Andreas Bialas. Und um die religiösen Aspekte des Stücks zu illustrieren, empfängt an der Katernberger Straße zum Schlußakt die niederländisch-reformierte Gemeinde mit Friedhof die Reisenden, die dann sicher etwas Ruhe auch gut gebrauchen können.
Ein Zoo dagegen kommt bei Else Lasker-Schüler eigentlich nicht vor; für die Jahrmarktszene in der Stückmitte macht der Bus trotzdem Station in Sonnborn (mit Eßgelegenheit im neuen Zoolokal) – trublig genug dürfte es dafür in der Konzertmuschel unweit dem großen Ententeich auch werden.
 
Daß bei alldem das Werk nicht untergeht, sondern im Gegenteil der Ort passend zur Geltung kommt: Regisseur Stephan Müller läßt da einiges hoffen. Der Gast aus der Schweiz, einst auch Leiter einer Zürcher Avantgardebühne, wirkt beim Pressetermin wie ein künstlerischer Dickkopf im besten Sinne – ein, zwei (hier nicht zitierte) ehrliche Schroffheiten über Wuppertal eingeschlossen. Zum Stück sagt er: „Mich interessieren Projekte, bei denen eine ganz spezielle Auseinandersetzung mit einem ganz speziellen Ort stattfindet.“ Nach diesem Motto hat Müller in China ebenso schon gearbeitet wie in Venedig. Das Wechselspiel mit realer Umgebung (bei den Proben im Zoo heulten wohl die Wölfe) führt für Müller zu „Dichte“ und einer dramatischen Situation, „wie man sie sonst nicht findet im Theater.“
 
Premiere: 28.3. im Theater am Engelsgarten (ausverkauft). Auch für die weiteren Termine gibt es laut Online-Spielplan keine Karten mehr.
 
Regie & Bühne: Stephan Müller – Kostüme: Siegfried Mayer - Musikalische Einstudierung: Stefan Leibold – Dramaturgie: Susanne Abbrederis - Produktionsleitung: Helene Vogel - Regieassistenz: Mona vom Dahl Projekthospitanz: Milena Hendel, Ilias Kyriazis - Inspizienz/Tourguide: Stefan Leibold - Roadteam: Marcel Kallesse, Holger Stuffmann, Jonas Vondrlik  
 
Besetzung: Frau Charlotte Sonntag, Fabrikbesitzerin: Anuk Ens - Heinrich, ihr Sohn: Stefan Walz - Eduard, ihr Sohn: Daniel F. Kamen - Marta, ihre Tochter: Tinka Fürst - Dr. jur. Bruno von Simon: Thomas Braus - Großvatter Wallbrecker Miko Greza -  Amanda Pius, seine Tochter: Anuk Ens - Carl Pius, sein Enkel: Uwe Dreysel - Mutter Pius, Carls Großmutter väterlicherseits: Philippine Pachl - Der Pendelfrederech, ein Herumtreiber: Miko Greza - Lange Anna, ein Herumtreiber: Stefan Walz - Der gläserne Amadeus, ein Herumtreiber: Thomas Braus - August Puderbach, Färber: Konstantin Shklyar - Lieschen, sein Schwesterchen: Julia Reznik - Willem, Zuhälter, ehemaliger Weber: Daniel F. Kamen - Auguste, Dienstbotin im Hause Sonntag: Julia Reznik - Berta, Dienstbotin im Hause Sonntag: Nelly Politt - Chor der Damen/Herren (FabrikarbeiterInnen, Herumtreiber, Jahrmarktleute, Kinder usw.) - Statisterie der Wuppertaler Bühnen


Das Ensemble - Foto © Christoph Sebastian


Weitere Informationen: www.wuppertaler-buehnen.de