Lasker-Schüler-Denkmal beschädigt

Ein Offener Brief an den Wuppertaler OB

Red.

Foto © Frank Becker

Lasker-Schüler-Denkmal beschädigt
 
Das der malenden Dichterin Else Lasker-Schüler gewidmete Denkmal an der Herzogstraße in Wuppertal-Elberfeld ist im Sockel erheblich beschädigt und seit vielen Wochen von einem Bauzaun mehr schlecht als recht geschützt. Ursache der Zerstörung der tragenden Bodenplatte des aus zwei senkrecht stehenden Stelen bestehenden Kunstwerks dürften die ausufernde Straßengastronomie mit Tischen und Bänken sein sowie der KFZ-Anlieferverkehr. Die Else Lasker-Schüler-Gesellschaft hat soeben in einem Offenen Brief an Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung um Abhilfe dieses unhaltbaren Zustands gebeten. „Im 70. Todesjahr Else Lasker-Schülers - zugleich 70 Jahre nach der Befreiung und 50 Jahre deutsch-israelische Beziehungen - kann ein so unliebsamer Umgang mit der aus Deutschland exilierten jüdischen Künstlerin nicht länger hingenommen werden“, so Hajo Jahn, der Vorsitzende der Internationalen Literaturgesellschaft, die weltweit rund 1.400 Mitglieder zählt und Gründerin des „Zentrums für verfolgte Künste“ (in Solingen) ist.
Das Denkmal hat der Münchner Künstler Stephan Huber erst 1989 im Auftrag der Stadt Wuppertal geschaffen , angelehnt an das Gedicht „Weltflucht“, das mit dem Kunstwort „Meinwärts“ endet und den Bildhauer zu diesem Werk inspiriert hat: In sich geschlossen wird das Bildnis der Dichterin nach einem Foto von 1919/20 seitenverkehrt von zwei schwarze Granitstelen zurückgeworden, zusammengesetzt aus 28.000 Mosaiksteinchen in 19 zarten, kaum wahrnehmbaren Farbtönen. Etwa 200 m entfernt befand sich das im Krieg zerstörte Geburtshaus von Else Lasker-Schüler (1869).
Das Denkmal gehört zu den touristischen Sehenswürdigkeiten Wuppertals.
 
Der offene Brief:
 
 Herrn
 Peter Jung
 Oberbürgermeister
 Stadt Wuppertal
 
 
Betr.: Offener Brief wegen Beschädigung des Else Lasker-Schüler-Denkmals
 
 
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung, 11.5.2015
 
das Denkmal für Else Lasker-Schüler an der Herzogstraße ist umzingelt von Bänken der umliegenden Gastronomie.
Und seit Monaten hässlich eingerüstet wie ein Baustelle, weil die Bodenplatte zerbrochen ist.
Da wir Verständnis für den Finanzsituation der Stadt Wuppertal haben und verstehen, dass die Einnahmen aus der Verpachtung öffentlicher Flächen wichtig, weil notwendig sind, haben wir uns bislang nicht zu Wort gemeldet.
 
Doch dieser eigentlich unhaltbare Zustand dauert inzwischen zu lange. Die Einengung durch Tische und Bänke - besonders durch das Restaurant „MIO“ - und durch das dadurch bedingte Überfahren der Bodenplatte durch Kraftfahrzeuge, bedroht das Denkmal für die „große Tochter der Stadt“ zunehmend. Eine Besserung scheint nicht in Sicht.
Andererseits wurde die Dichterin soeben in einer „Wupper“-Inszenierung des Schauspiels Wuppertal auch von auswärtigen Besuchern gefeiert. Viele von ihnen wunderten sich dabei über die oben geschilderte Situation.
Dieses erste Schauspiel, „Die Wupper“ ist ein unsterbliches Denkmal für die Kommune, gewidmet hat Else Lasker-Schüler diese „Stadtballade“ ihrer Heimatstadt. An der Herzogstraße wurde sie geboren; im Haus Herzogstraße 42, gegenüber dem Denkmal, hat sie gewohnt, bevor sie nach Berlin zog.

Bitte sorgen Sie als Stadtoberhaupt dafür, dass die vermutlich durch den Anlieferverkehr und die Gastronomiebesucher erheblich in Mitleidenschaft gezogene Bodenplatte des Denkmals möglichst bald instandgesetzt wird und die wochenlange unästhetische Einzäunung schnell ein Ende findet.
Ferner bitten wir um eine Lösung, die künftigen Beschädigungen vorbeugt! Aus Respekt vor der Künstlerin, die vor 70 Jahren nach schwerem Schicksal fern ihrer Geburtsstadt gestorben ist. 70 Jahre nach der Befreiung wird auch allenthalben der Opfer des Krieges und der Verfolgung gedacht. Die Reden stehen in Widerspruch zum Umgang mit dem Denkmal.

Mit freundlichen Grüßen
 
(Hajo Jahn)
 
PS: Ich bitte um Verständnis, dass dieser Brief „offen“ morgen an die Medien geht sowie an die Fraktionen, Kulturdezernent Matthias Nocke, Dr. Rolf Köster, Vorsitzender des Kulturausschusses, und Leonid Goldberg
von der Jüdischen Kultusgemeinde.
 
 
 
Hajo Jahn
Vorsitzender der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft
Herzogstr. 42 - D-42103 Wuppertal