Salzburg (1)

Ein pasticcio musicale

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Salzburg (1)

Hallo und einen wunderschönen guten Morgen, liebe Freunde der feinen Musik und liebe Freunde des pasticcio musicale!
Ihr Konrad Beikircher begrüßt Sie herzlich.
 
Ich war vor ein paar Jahren mal wie üblich in Salzburg bei den Festspielen und möchte Ihnen heute an diesem heißen Morgen gerne davon erzählen, zumal es da schon das ein oder andere zu erzählen gibt. Salzburg ist ja nicht einfach mal abends in die Oper gehen und die Netrebko haut einem dann den Tuberkulose-Tod der Mimi in der Bohème so um die Ohren, daß man am nächsten Tag freiwillig zur Blutabnahme an die lokale AOK-Zapfstelle geht. Salzburg ist auch nicht sich hinsetzen und den Jedermann gucken, ich meine: ich habe da schon in den 50er Jahren dieselbe Ansicht gehegt wie Helmut Qualtinger, egal wie virtuos die Sprache von Hugo von Hoffmansthal sein mag, aber: dekadent isses schon, oder?! Wenn dann da oben, bis wohin ja kaum ein unbewaffnetes Auge reicht, der Tod den Jedermann ruft, und das seit den 1920er Jahren in einer Art Vintage-Drama, das zwar von heute ist aber so tut, als wäre es schon in Mettmann in der Neandertaler Höhle Numero zwei gespielt worden, fällt mir nur Helmut Qualtinger und sein genialer Jedermann-Kollapso ein, wozu ich eines erklären muß: Payer & Schmutzer, ein Name, der im Lied vorkommt, war in den 50er Jahren ein großes Wiener Bestattungsunternehmen, wir wissen: der Wiener kommt ja eigentlich als Bestatter zur Welt, aber bitte: hier also Qualtingers ewige Kulturkritik: der Jedermann-Kollapso!
 
Helmut Qualtinger/Gerhard Bronner:
Salzburg also ist auch nicht nur abends Oper besuchen, oder Perner-Insel und Theater erdulden, gerne schon mal eine 12-Stunden-Version vom Faust, oder eben Jedermann erleiden, Salzburg geht natürlich schon morgens los. Allerdings nicht so aggressiv wie in Bayreuth. Wenn Du dort Karten ergattert hast für, sagen wir mal, Parsifal, dann fährst Du hin, wirfst schon kurz hinter Duisburg die erste CD Parsifal in den CD-Player (wenn es die Knappertsbusch-Aufnahme ist, dann mußt du sie schon hinter Osnabrück einwerfen), um dich einzustimmen und kommst mit den letzten Klängen an. In der Rezeption wirst Du aus der HiFi-Anlage mit der 1981er Aufnahme, in der Siegfried Jerusalem den reinen Toren gibt, empfangen, das ist die Aufnahme, in der Bernd Weikl den Amfortas singt und Bernd erzählt gerne die Geschichte, daß er in New York, als er noch ein junges Talent war, bei einem Sponsoren-Essen von seiner charmanten Tischnachbarin, ein junges Mädel von gut 90 Jahren, in New York gerade mal das Heiratsalter, wie man weiß, auf seinen Hans Sachs angesprochen wurde, worauf er völlig naiv sagte: „Dann müßten Sie mal meinen Gurnemanz sehen!“ worauf die Dame hold errötete und ihm ihre Hand auf... legte, - ach, die Oper ist so voller schönen Geschichten, oder?! Du gehst ins Zimmer, wo die Aufnahme über deinen Flatscreen läuft, jetzt auch mit Bild, du ziehst den Stecker, weil dir mehr nach einer Maß Bier und einer Brezn und an Leberkaas is, dann legst du dich hin und am nächsten Morgen umweht dich beim Frühstück der absolute Flash-Back: Maria Callas als Kundry, schon platzt das Ei aus der Schale, der Kaffee kondensiert zum Espresso und dir wird wieder einmal klar: Wagner muß nicht nur deutsch gesungen werden, auch auf italienisch geht es , wenn man nur die richtigen Sängerinnen hat, hören Sie doch mal rein...:
 
Richard Wagner:

 
Zu Salzburg habe ich für Sie bei Gelegenheit noch mehr Geschichten und Anekdötchen – schauen Sie mal wieder rein.
 
Einstweilen – habe die Ehre!
Ihr
Konrad Beikircher
 
Redaktion: Frank Becker