Ovid und Rumänien

von Konrad Beikircher

Ovid in Tomis, unbek. Künstler
Ovid und Rumänien
 
Ovid, die arme Socke, war der erste Bulgare mit Migrationshintergrund der Geschichte. Naja, Bulgare ist vielleicht übertrieben, damals waren die Grenzen zwischen Rumänien und Bulgarien recht verschwommen, offen gesagt gab es sie gar nicht, weil es die beiden Länder nicht gab. Ovid also wurde in diese Gegend verbannt.
Er gehörte zu den (sprachlich gesehen) elegantesten Erscheinungen des alten Rom und war so erfolgreich, daß er als 50jähriger der gefeiertste Dichter seiner Zeit war. Dann aber passierte es: aus scheinbar heiterem Himmel ereilte ihn 8 n.Chr. ein kaiserlicher Kabinettsbeschluß, demzufolge er Rom sofort zu verlassen hatte. Er wurde nach Tomi am Schwarzen Meer verbannt, sozusagen ans Ende der damaligen Welt. Hintergrund dieser etwas dunklen Affäre war: Kaiser Augustus hatte in seinem Bemühen, ein bißchen Sittlichkeit und Strenge in das Leben Roms zu bringen, u.a. die lex iulia de adulteriis verabschiedet, ein Gesetz, das den Ehebruch, das adulterium, unter Strafe stellte. Auslöser für dieses Gesetz war der wohl etwas zu lockere Lebenswandel zweier Damen aus dem Hochadel: Iulia Vipsania und ihre Mutter Iulia. Sie trieben es so bunt, daß Augustus beide verbannte und ihre Beisetzung im Mausoleum verbot. Irgendwie muß Ovid an diesen Skandalen beteiligt gewesen sein und bekam deshalb den eisernen Besen zu spüren. Böswillige Gerüchte allerdings berichten, Ovid habe die Lichtgestalt Augustus in flagranti mit der eigenen Tochter erwischt und sei deshalb zur persona non grata geworden. Wie auch immer: der lockere Ton der wunderbaren Gedichte in der „ars amatoria“ paßte Augustus wohl nicht, das konnte er in dieser Zeit der moralisch-geistigen Erneuerung nicht brauchen und überhaupt: haben diese Art Imperatoren jemals Argumente gebraucht? Ovid hing also in Tomis (heute Constanta) am Schwarzen Meer, träumte den goldenen Zeiten nach und war natürlich sehr unglücklich. 17 n.Chr. starb er denn auch im Exil, sechzig Jahre alt.
 


© Konrad Beikircher
Redaktion: Frank Becker