Bestsellerfressen

„Der Menschenflüsterer – Schutzlose Erinnerungen“ von Jürgen Fliege

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Der Fliegenschiß Gottes
 
„Der Menschenflüsterer – Schutzlose Erinnerungen“
von Jürgen Fliege
 

Meine Damen und Herren!
Es kommt ja relativ selten vor, daß sich unsereins entschuldigen muß. Aber: Ich hab mal über die Autobiographie von Richard von Weizsäcker gesagt: „Die unappetitlichste Selbstvergottung, die jemals zwischen zwei Buchdeckel gewürgt worden ist.“ Ich nehme alles zurück:
Jürgen Fliege „Der Menschenflüsterer“
TV-Pfarrer Jürgen Fliege hat seiner 222 Seiten langen Gotteslästerung den reizvollen Untertitel gegeben: „Schutzlose Erinnerungen“.
Mit anderen Worten: Er will auf Teufel komm heraus für seinen Fliegen­dreck einen vor die Mappe kriegen! Er schreit direkt nach Prügel! Nur ändern will er sich nicht. Schon sein Vater hat ihn jeden Samstag ordentlich verdroschen und die Fresse gebohnert – und es hat nichts geholfen! Also, tu ich ihm den Gefallen!
Ich habe lange überlegt, wie man den Mann beleidigen kann. Dann hab ich mir gedacht: Ach, komm, zitieren reicht ja auch vielleicht:
„Ich bin ein Gesundbeter, ein Exorzist, ein Schamane, ein Heimatforscher der Seele. Ich bin die Seenotrettung und ein bißchen Johannes, der Täufer, der mit dem Kamelhaar­mantel.“
Allein schon dafür sollte ihn der Blitz beim Stuhlgang treffen! Nur: das Elend hat kein Ende:
„Ich rede nicht gerne darüber. Erst recht nicht vor Tausenden und Abertausenden von Fernsehzuschauern. Denn man darf mit seinen eigenen Wunden und Geschichten nicht auf den Markt gehen.“
Meine Damen und Herren, wandelte je ein plump‘rer Heuchelsack durchs Abendland? Seine Geschichten, die nicht auf den Markt dürften oder sollten, gehen so:
Da klingelt eine Mutter, deren Tochter nach nem Unfall im Koma liegt, aufgeregt bei Pfarrer Fliege und bittet ihn an: „Ich bitte Sie, gehen Sie zu meiner Tochter. Bitte!“ und Fliege sinniert schon an der Tür: „Das sind ja biblische Zustände. Eine Tochter droht zu ster­ben und die Mutter kommt zum jungen Rabbi, von dem sie so einiges Verrücktes gehört hat, und bittet die Tochter zu retten.“ Abba bitte, bitte! „Wenig später sitze ich in Jeans, T- Shirt und Sandalen in meinem Golf. Keine Lust, mich umzu­ziehen. Ich bin eben, wer ich bin. Hat er vor 2000 Jahren ja auch so gemacht.“ Wie? Mit’m Golf durch Golgatha? Ja, und dann sandalt er an den wenig amüsierten Ärzten vorbei in die Intensiv-Station, betatscht das komatöse Mädchen schamlos von oben bis unten und lallt dem Vögelchen die tauben Ohren voll. Auferweckung, Heilung und Fliegendank sind dann nur noch ne Frage von Sekunden. „Übermütig springe ich die Kliniktreppen hinunter und laufe über die Straße meinem treuen Esel zu.“ Und mit Esel meint er nicht sich selbst, - obwohl er ja einen ziemlichen Schatten hat, - nee, mit Esel meint er seinen Golf.

Meine Damen und Herren, ungewöhnlich an dieser Uri Geller-Nummer ist nicht, daß sich der kranke Spinner Fliege für Jesus hält – das ist nur die gesunde Geschäftsgrundlage für die Zusammenarbeit mit der ARD. Ungewöhnlich ist vielmehr, daß er hier in dieser einen Nummer kein Sterbenswörtchen diesmal über sein erigiertes Glied verliert. Denn Jürgen Fliege ist ein Sexmaniac, ein Sexmonster, ein heillos durch die kaputte Weltgeschichte poppender Bonobo, ein Schwanzgesicht, das alles das, was bei 1 schon auf den Bäumen ist, noch kompromiß- und hemmungs­los wieder runterschüttelt und zusammenorgelt. (Hab ich nich erfunden – steht da alles drin! Nur mit andern Worten.) Und wenn er mal keine Frau auf‘s Kreuz legen kann, dann hat er nur eins im Sinn: seinen klammen, strammen Rammler-Hammer, und zwar, meine Damen, bei jeder absolut x-beliebigen Dame!
„Es klingelt. Eine junge Frau steht da. Sie hat verweinte Augen.“ Und zack, hat Fliege wieder so einen Ständer und sagt zu sich selbst: „Vorsicht, Pfarrer! Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Aber wer will und kann das immer unterscheiden.“ Ja, nee, is klar. In diesem Fall ist jetzt mal die Mutter komatös. Und was rast ihm noch auf der Türschwelle durch seine Bumsbirne? „Sofort mitkommen? In Jeans, barfuß und mit Hemd aus der Hose? Woher kommt meine Koketterie? Hey, in meine Sorgen um die sterbende Frau mischt sich ja unprofessionelle Anmache. Ja, ich bin halt ein Mann. – Aber wie und wo soll ich ihr zeigen, wie gut ich bin?“ Na, gemach! Das wird sich schon noch zeigen. Unterwegs zum Krankenhaus macht er sich noch n paar pseudoreligiöse Gedanken, doch schon pocht ihm sein Gemächte wieder dazwischen: „Was ist das für ein Parfum? Warum komme ich nicht los von ihr?“ So versucht er sich mit eruptiven Stoßgebeten aus der Affäre rauszupredigen: „Hilfe, meine Seele ist nicht frei für die Mutter! Gebete müssen doch inbrünstig sein! Ach was. Ich gehe einfach ans Sterbebett. Da bete ich einen Psalm und fertig, Amen! Aber es geht nicht. Es geht nicht!“ Ja, verdammich noch mal, warum geht’s denn nicht? Na, weil er schon wieder steht, sein Himmels-Pimmel, seine subsoutane Simulantengurke! „Die hohen Absätze der Tochter ... Ich muß ihr sagen, was sie bei mir ausgelöst hat. Welche Phantasien! Nein! Ich muß reinen Tisch machen. Hilf mir, Vater im Himmel, hilf mir!“
Ja, hilf ihm!

Meine Damen und Herren, egal, wie schuldig eine Frau ist, die in ihrer Not ausgerechnet einen Fliege aufsucht ... sie hat allemal das Recht, nicht von ihm belüllt und belabert zu werden. Aber so was paßt wohl in keinen Fliegenschädel rein. Und so baggert der Schmierlappen Gottes munter widerwärtig weiter: „Hören Sie! Um meine Seele tief zu bewegen und um alle Engel um Hilfe zu rufen, muß mein Geist bei Ihrer Mutter sein. Aber ... aber er ist bei Ihnen!“
Und dann kommt es ihm und es ist raus: „Ich würde jetzt lieber mit Ihnen im Park ... flanieren gehen.“ Man faßt es nicht! Eine komatöse Frau will grade ihren Geist aufgeben, die Tochter bittet um Beistand und Fliege will ... flanieren. Gut. Okay. Nachdem er so seine Latte fürs Erste wegsublimiert hat, praktiziert er am Krankenbett noch bißchen Heiler-Hokuspokus, betatscht die Olle wieder rauf und runter, und siehe da, danach konnte se noch n paar Jahre das Nachmittags­programm der ARD begucken.

Meine Damen und Herren,
manchmal überkommt mich eine tiefe Sehnsucht nach Federn, Teer und Amtskirche.
Fliege, passen Sie gut auf sich auf!

Dez. 2000