Immer wieder geht die Sonne auf

Jörg Seidel – „Merci“ – (My Personal Tribute To Udo Jürgens)

von Frank Becker

Was ich dir sagen will
 
Womit fing eine der größten Erfolgsgeschichten der Schlagerbranche vor rund 50 Jahren eigentlich an? Genau: „Siebzehn Jahr, blondes Haar“. Welcher junge Bursche hätte damals nicht mit Udo Jürgens diese Hymne an die Angeschwärmte geschmettert. Vor einem halben Jahrhundert war das, und jeder hatte seinerzeit das Lied auf den Lippen. Vor einem knappen Jahr ist Udo Jürgens gestorben. Jetzt wird ihm angemessene Jazz-Reverenz erwiesen.
 
Eigentlich kaum zu glauben, daß das in unserer schnellen medialen Welt noch möglich war: zum ersten Mal hat sich ein Jazzmusiker und -arrangeur der Kompositionen des Schlager- und Pop-Titanen und Chansonniers Udo Jürgens (1934-2014) angenommen, um daraus ein äußerst spannendes Album zu exzerpieren. Zehn Titel aus dem umfangreichen, Hunderte Erfolgs-Singles zählenden Repertoire des unvergessenen Lieblings der Massen auszuwählen, war sicher ein herkulisches Unternehmen. Der Sänger, Scatter und Gitarrist Jörg Seidel hat es gewagt und erreicht, daß die Genre-übergreifende Qualität der Lieder Udo Jürgens´ nachhaltig hör- und sichtbar wird. Seine dem Star mit einer Verneigung gewidmeten swingenden Interpretationen, er hat alle Stücke selbst arrangiert, „Merci“ – (My Personal Tribute To Udo Jürgens) zeigen vom ersten Stück „Ein ehrenwertes Haus“ an zum einen den großen Respekt, mit dem er die Kompositionen behandelt hat, zum anderen belegen sie, wie viel Jazz in Jürgens steckte. Sie verblüffen aber auch mit der seelischen wie stimmlichen Nähe Seidels zu Udo Jürgens. So wie jener zeichnet sich auch Seidel neben sensibler Musikalität durch akzentuierten, sprachlich hochwertigen Gesang aus, was das Vergnügen an diesem ohnehin brillanten Album noch vermehrt.
 
Jörg Seidel überzeugt durchweg. wie bei früheren Produktionen bewährt, auch an der Gitarre, an seiner Seite geben der Pianist Rob Bargad am E-Piano, Michael Erian am Tenorsaxophon, Philip Zarfl am Kontrabaß und Drummer Klemens Marktl dem Projekt überzeugenden Sound. Es gibt ein fröhliches Wiederhören mit der Hymne an unseren wie wir in die Jahre gekommenen Teenagerschwarm (s.o.), mit Udo Jürgens´ Klavier als Mittler der Gefühle, mit dem Gassenhauer „Griechischer Wein“ (Come share the wine), mit „Illusionen“ und den Grand Prix-Songs (1964) „Warum nur, warum“ und „Merci chérie“ (1966 Sieger).
Udo Jürgens war einer der größten deutschsprachigen Sänger, Komponisten und Liedertexter, daß sein Ruhm nun auch im Jazz überdauern wird, verdanken wir Jörg Seidel und diesem Album. Eine Empfehlung der Musenblätter!
 
Jörg Seidel – „Merci“ – (My Personal Tribute To Udo Jürgens)
© 2015 Swingland Records
 
Jörg Seidel (g, voc) – Michael Erian (ts) – Rob Bargad (p) – Philip Zarfl (b) – Klemens Marktl (dr)
 
Titel:
1. Ein ehrenwertes Haus – 2. Was ich dir sagen will – 3. Walk away (Warum nur, warum) – 4. Immer wieder geht die Sonne auf – 5. Come share the wine (Griechischer Wein) – 6. Reach for the stars – 7. Ich weiß was ich will – 8. If I never sing another song (Illusionen) – 9. Merci chérie – 10. Siebzehn Jahr, blondes Haar
Bonus: 11. Aftershow (Komposition und Text: Jörg Seidel)
 
Weitere Informationen:  www.joergseidel.de