Sehen wir´s mal sportlich

„Graffiti Classics“ im Remscheider Teo Otto Theater

von Frank Becker

Foto © Graffiti Classics

Sehen wir´s mal sportlich

„Graffiti Classics“ im Remscheider Teo Otto Theater
 
Carl O’Doole (Cathal O’Duill), Kontrabaß, Gesang (Irland) - Sam Kennedy, Viola, Gesang (England) - Sofia Eklund, Violine (Schweden) - Akiko Ishikawa, Violine (Japan) sind derzeit das Quartett „Graffiti Classics“ um Frontmann O´Doole. Die vier servieren mit viel Tempo, Witz und Temperament einen im reinsten Wortsinn bewegten Abend musikalischer Grenzgänge. So sportlich hat man ein klassisch besetztes Streichquartett sich noch nie gesehen. Oder haben Sie je das Intro zu Beethovens 5. Sinfonie mit dem Publikum zugewandten, geschwenkten Hinterteilen erlebt? Das sah man zum Gaudium des von den skurrilen Ideen des Quartetts begeisterten Publikums gleich nach der pathetischen Eröffnung mit Richard Strauß´ „Also sprach Zarathustra“. Stillstehen mochten diese Musiker bei keinem der Stücke ihres umfangreichen, bunten Repertoires, das gelegentlich sogar artistische Momente hatte.
 
Der Wechsel des hörbar klassisch ausgebildeten Ensembles zwischen besagter Klassik, Folklore und Popmusik gelingt ebenso wie die flott choreographierten tänzerischen Einlagen der Musiker, bei denen z.B. J.S. Bachs „Air auf der G-Saite“ in seiner englischen Fassung „Air on a G string“ eine gewisse Pikanterie bekommt. Laut O´Doole, dessen Kontrabaß hier ein wenig an den von Pierre Michelot erinnert, hat Bach dadurch seine Schreibblockade überstanden. Und sie spielen es zum Niederknien, bis alle vier am Boden liegen. Zum Aufstehen braucht es dann schon den energischen Maschinenrhythmus von Ravels „Bolero“.
Daß Kennedy und O´Doole auch über beachtliche sangliche Fähigkeiten verfügen, zeigen sie mit einem kleinen Sängerkrieg in dem O´Doole Kennedys im feinsten Knödeltenor interpretierten „O sole mio“ mit Presleys „It´s now or never“ konterkariert. Es wird überhaupt viel gesungen während dieses außergewöhnlichen Streichquartett-Abends – und oft ist es das Publikum, das energisch zum Mittun aufgefordert wird. Johannes Brahms´ „Ungarischer Tanz Nr. 5“, das russische Volkslied „Schwarze Augen“, mit viel Ulk das irische „Danny Boy“, der traditionelle „Drunken Sailor“, Tango, Czardas und Can Can – sie haben alles „drauf“.
 
Als besondere Delikatessen zeigten sich Ervin T. Rouses „Orange Blossom Special“ und der Fiddle-Song „The Devil Went Down to Georgia“ von der Charlie Daniels Band – das war Country vom Feinsten, das regelrecht in die Beine ging. Und das gezupfte „Harry Lime Theme“ hätte Anton Karas auf seiner Zither kaum besser hinbekommen. Ein ganz köstlicher Abend, den keiner der Zuhörer und –schauer so bald vergessen wird. Also ich könnte gleich wieder…
 
Weitere Informationen: www.graffiticlassics.com