Dein Geld in der Hand von Verbrechern

„The Big Short“ von Adam McKay

von Renate Wagner

The Big Short
(USA2015)
 
Regie: Adam McKay
 
Mit: Christian Bale, Steve Carell, Ryan Gosling, Brad Pitt u.a.
 
Es gibt Dinge, von denen der Durchschnittsmensch nichts versteht, aber das macht ja nichts, die Welt ist kompliziert, und es gibt schließlich Fachleute für alles. Vor allem in der Finanzwelt. Sie versprechen goldene Berge, und gelegentlich werfen sie dem treu-glaubenden Investor auch ein Goldnugget zu, für das der Beglückte ihnen gläubig noch viel mehr Geld anvertraut. Daß beim Blühen der Börsen und Aktienmärkte vor allem die Händler reich geworden sind – das will der kleine Mann, der sein mühsam erworbenes Geld irgendwie „arbeiten“ lassen möchte, ja nicht glauben.
 
„The Big Short“ erzählt eine wahre Geschichte, an die sich jeder erinnert, denn sie brachte nicht nur den amerikanischen Markt zum Absturz. Auf der Börse wird nämlich nicht nur gearbeitet, sondern auch – wie im Casino, mit vollem Risiko – gewettet. Von der „Moral“ der Geschichte will man gar nicht reden. Die Ereignisse von 2007 bis 2010, wo der amerikanische Wohnungsmarkt zusammenbrach und Hunderttausende buchstäblich auf der Straße saßen, wird zum „unterhaltenden“ Film von Regisseur / Autor Adam McKay (nach einem Buch von Michael Lewis, das die wahren Ereignisse belletristisch nacherzählte): Aber es ist auch ein Lehrstück erster Ordnung, das manche erschreckende Details offenbart – etwa, daß die Männer, die mit Milliarden jonglieren, oft selbst nicht wissen und verstehen, was sie tun.
Michael Burry, der Mann, der alles ins Laufen brachte, indem er darauf wettete, daß der Immobilienmarkt zusammen brechen würde, wirkt wie ein Verrückter: Christian Bale ist ein Meister in Borderline-Gestaltungen, so auch hier. Um klar zu stellen: Was sich in den 130 Minuten dieses Films tut, werden die wenigsten Menschen verstehen oder gar durchschauen können, man müßte ein Mathematik-, Stratgie-, Logistik-Genie sein, um mitzubekommen, was da alles abgelaufen ist.
 
Tatsächlich wettete Michael Burry auf den Untergang, weil er sicher war, daß all die „Häuselbauer“ der USA ihre Kredite nicht mehr würden zahlen können. Und aus dieser Tatsache des Zusammenbruchs konnten viele Leute sehr viel Geld machen – wettend.
Mit ihm hat „eine Handvoll Trader die Welt verzockt“, wie der Untertitel des Buches heißt – Steve Carell ist dabei, erweckt fast noch den Eindruck eines Mannes mit Gewissen, bis die Gier größer wird, desgleichen Ryan Gosling (er spielte von Seiten der „Deutschen Bank“ hier mit!) und schließlich, am originellsten Brad Pitt. Man kann ein Aussteiger-Typ sein und sich irgendwo im Nirgendwo mit dem Anbau von biologischem Gemüse befassen, solange man einen Laptop hat, ist man mit im Spiel: Pitt, bärtig, zerzaust, knurrig, tut es für zwei ambitionierte Youngster (Finn Wittrock als Jamie Shipley und John Magaro als Charlie Geller), denn man braucht wirklich nicht viel mehr als Chuzpe, um sich da in die große Wette auf den Zusammenbruch hineinzuhängen.
 
Die Folgen allerdings sind grauenvoll – und das spürt man immer, wenn man die meiste Zeit während dieses Films entweder kopfschüttelnd lacht oder die Welt nicht versteht (bzw. nicht kapiert, was da im Detail abgeht, auch wenn es immer wieder Passagen gibt, in denen die Ereignisse wie ein einem Dokumentarfilm aufgedröselt werden).
Als Martin Scorsese die rücksichtslosen Geldmacher in seinem „The Wolf of Wall Street“ behandelte, ging es weit mehr um Glamour. Adam McKay zeigt ganz genau und wohl mit der Absicht zu warnen auf, daß man es zum Teil mit Verbrechern zu tun hat. Mit wie wenig (bzw. gar keiner) Verantwortung diejenigen Menschen, denen der Durchschnittsbürger sein Geld anvertraut, damit umgehen: Spekulanten, die andere ins Unglück stürzen und selbst dabei mit dick gefüllten Taschen aussteigen.
 
Wer weiterhin mit seinem ehrlich verdienten Geld aus Gier an der Börse spekulieren will, dem sei das unbenommen, aber er soll nicht reklamieren, man habe ihm das nie gesagt. Jetzt kann man es schon von der Kinoleinwand herunter in aller drastischen Unverschämtheit mitbekommen. Daß es als „Finanzthriller“ so unterhaltend wie komisch wirkt, macht die Sache nicht besser.
 
 
Renate Wagner