Warten auf Godot

„Valley Of Love“ von Guillaume Nicloux

von Renate Wagner

Valley Of Love
(La vallée de l’amour / Belgien, Frankreich 2015)

Regie: Guillaume Nicloux
Mit: Isabelle Huppert, Gérard Depardieu u.a.
 
Man braucht sie nicht aufzählen, die Legionen ganz großer Schauspieler, die das französische Kino über Jahrzehnte hinweg zu seiner Bedeutung geführt haben. Isabelle Huppert und Gérard Depardieu zählen jedenfalls mit Sicherheit dazu. Und die beiden sind, man denke, seit 35 Jahren nicht mehr gemeinsam vor der Kamera gestanden.
Daß er zwei von Frankreichs größten Stars wieder vereint hat, sicher sicherte dem Kammerspiel-Drama „Valley of Love“ des 50jährigen Franzosen Guillaume Nicloux (bisher nur durch seine eigenwillige Verfilmung von Diderots „Nonne“, auch mit Isabelle Huppert, aufgefallen) weit mehr Aufmerksamkeit, als sie der Film mit einer weniger spektakulären Besetzung erhalten hätte.
Denn mit der Geschichte ist nicht viel los: Ein geschiedenes Paar wird quasi aus dem „Jenseits“ ins amerikanische Dead Valley in der Mojave-Wüste gerufen – der Sohn, der sich selbst das Leben genommen hat, hat ihnen Briefe geschickt, verlangt ihr gemeinsames Erscheinen, will ihnen zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt irgendwo in der Wüste erscheinen. Irgendwann im Lauf einer Woche…
 
Der hoffnungsvolle Kinobesucher erwartet zumindest einen Krimi mit der dazugehörigen Spannung, ist der Sohn vielleicht nicht tot, kommt er oder kommt er nicht, handelt es sich um einen Krimi, ist das eine Falle? Man wünscht sich irgendetwas, das die müde Geschichte antreiben würde, aber nichts dergleichen geschieht: Der Esoterik-Strang wird durchgezogen, bis zu einem Ende, das einem nüchternen Betrachter schlechtweg nur lächerlich vorkommen kann.
Was sieht man also? Die immer noch hervorragend aussehende Isabelle Huppert, teils am Handy mit ihrer Familie in Frankreich hängend, teils Tränen über die Briefe des verblichenen Sohnes vergießend, teils in steter, auf einander lospeckenden Auseinandersetzung mit dem Exgatten, so daß man versteht, daß sie es nicht miteinander ausgehalten haben.
Mit ihr meist in der trostlosen Bungalow-Anlage des Hotels (die eine größere Rolle spielt als die eindrucksvolle Landschaft): der aus allen Nähten platzende Gerard Depardieu, der immer üppiger wird, dies aber nicht versteckt, sondern seine quellenden Massen geradezu ausstellt: Seht her, so bin ich. Nebenbemerkung: Selbst als Russe per Paß und Belgier per Wohnsitz bin ich noch immer ein französischer Superstar. Im übrigen bringt er der Forderung des toten Sohnes jene Skepsis entgegen, die man als vernünftiger Kinobesucher teilt – bis, wie gesagt, zum höchst seltsamen Ende…
Einzige „Pointe“: Beide sind offenbar Schauspieler, werden von den dummen Amerikanern als solche erkannt, und wenn endlich ein Name fällt („Gerard!“), dann darf man annehmen, daß die beiden sich selbst spielen. (Daran zu denken, daß Depardieu tatsächlich einen Sohn hatte, mit dem er sich nicht verstand und der 37jährig in stetem Protest zum Vater starb, hieße die Sache doch zu „privat“ nehmen.)
 
Ob sie nun als irgengein Schauspieler-Ehepaar oder als Huppert und Depardieu vor der Kamera stehen – sie spulen zu Recht berühmte Schauspielkunst ab, ohne allzu lustvoll zu wirken. Man wünschte, sie hätten dazu ein Drehbuch bekommen, das Hand und Fuß hat.
 
 
Renate Wagner