Pina Bausch und das Tanztheater

04. März bis 24. Juli 2016 Bundeskunsthalle Bonn

von Jürgen Kasten

v. lks.: Sven Bergmann, Pressesprecher Kunsthalle; Rein Wolfs, Miriam Leysner, Salomon Bausch - Foto © Jürgen Kasten

Pina Bausch und das Tanztheater

04. März bis 24. Juli 2016 Bundeskunsthalle Bonn
 
Es bestehe Nachholbedarf, was die Präsentation von Künstlerinnen in der Bundeskunsthalle in Bonn betrifft. Außerdem wolle man sich vermehrt um „performative Ausstellungen“ bemühen, so Rein Wolfs, Intendant der Kunsthalle. Was lag da näher, als die große internationale Künstlerin Pina Bausch mit ihrem Tanztheater zu präsentieren.
 
Die Planung begann vor zwei Jahren. Wolfs hat zusammen mit Salomon Bausch, Vorsitzender der Pina Bausch Foundation, und Miriam Leysner, Tanzwissenschaftlerin, die Ausstellung kuratiert und jetzt sie der Presse vorgestellt.
Was wird geboten? Kann man überhaupt das Werk von Pina Bausch in einer Ausstellung zeigen? Nein, beantwortete Salomon Bausch seine Frage selbst. Das gehe nur auf der Bühne. Deshalb müsse hier eine andere Ebene betreten werden, die auf der Bühne nicht gelebt werden kann. Gezeigt werde größtenteils Unbekanntes aus dem Archiv, die Menschen, die mit Pina Bausch zusammengearbeitet haben und der Ort, an dem alles entstand. Dieser Ort ist die „Lichtburg“, ein altes Kino in Wuppertal-Barmen, seit Jahrzehnten Probenraum der Tanzkompagnie, für die Öffentlichkeit bisher nicht zugänglich. Im Museum wurde die „Lichtburg“ originalgetreu nachgebaut, inklusive des Fünfzigerjahre Interieurs. Sie ist der Mittelpunkt der Ausstellung. In den Räumen rundherum sind dann die übrigen Exponate zu besichtigen: Dokumente, Fotos, Videoinstallationen, ein Teil des Bühnenbildes aus „Cafe´Müller“, in dem Besucher Platz nehmen können, in alten Programmheften blättern oder Videos betrachten können.


Pina Bausch: Notizen - Foto © Jürgen Kasten 
 
Miriam Leysner berichtet, daß sich die Kuratoren bemüht haben, das gesamte Schaffen der Pina Bausch dazustellen, von ihren Anfängen als Vierzehnjährige in der Folkwangschule Essen, über ihr Wirken in New York, wieder in der Folkwangschule und dann in Wuppertal und in vielen Teilen der Welt bis zu ihrem Tod im Jahr 2009. So ist eine Collage aus Musikstücken, die übrigens immer erst nach Fertigstellung einer Choreografie hinzugefügt wurden (Matthias Burkert), Stimmen und Geräuschen, die den Stücken Pina Bausch entstammen, geschaffen worden, die sich mit der Projektion ausgewählter Szenen zu wechselnden Eindrücken verbinden.
Nie gezeigte handschriftliche Notizen, aus denen die Arbeitsweise Pina Bauschs hervorgeht, liegen in Vitrinen aus, der gesamte Produktionsordner des seinerzeit mit dem Schauspielhaus Bochum kooperierten „Macbeth-Stückes“ wird aufgeblättert und viele Privatfotos von ehemaligen und jetzigen Tänzern ausgestellt. Jan Minarik zum Beispiel hatte während seiner aktiven Zeit im Tanztheater vieles dokumentiert. Er wird u.a. zusammen mit Urs Kaufmann einen Abend mit Talk gestalten und dabei über die erste internationale Co-Produktion „Viktor“ aus dem Jahr 1986 berichten.
Überhaupt wird es ein umfangreiches Begleitprogramm geben, in dessen Mittelpunkt die „Lichtburg“ steht. Einen ersten Eindruck vermittelte Jo Ann Endicott, die mit den Pressevertretern und Museumspersonal die Tanzreihe „Frühling Sommer Herbst Winter“ aus dem Stück „Nelken“ einstudierte. Im Laufe der Ausstellung können das Besucher ebenfalls versuchen. Wie das ausschaut, ist auf einem eingebetteten Video auf der Web-Seite der Bundeskunsthalle zu sehen. Ein eigens erstelltes „Lichtburg-Programm“ listet alle Veranstaltungen auf, an dem das Publikum teilnehmen kann: Workshops, Warm-Ups zur Ausstellung für Schulklassen, Performances, Talk und Film, Tanz- und Bewegungsstudien bis hin zu einer öffentlichen Probe des gesamten Tanztheaters für eine Wiederaufführung des Stückes „Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehört“.


Privatfotos der Tanzkompagnie - Foto © Jürgen Kasten 
 
Parallel zur Ausstellung erscheint das Buch „O-Ton Pina Bausch – Interviews und Reden“. Es umfaßt den Zeitraum 1973 bis 2007 und wird in einem zweiten Band demnächst fortgesetzt. Die seinerzeit teilweise gekürzten Interviews sind hier vollständig wiedergegeben. Die Bandbreite reicht von Fachjournalen über große Tageszeitungen und Fernseh-Interviews bis hin zu einem kleinen Wuppertaler Schülermagazin.
Der kooperierende Fernsehsender ZDF/ARTE startet zeitgleich das Projekt „Dance! The Nelken-Line.“ Weltweit werden Menschen aufgefordert, die Reihe „Frühling Sommer Herbst Winter“ aus dem 1982 entstandenen Stück „Nelken“ nachzutanzen und selbstgedrehte Videos ins Netz zu stellen. Wie das geht, erklärt Julie Anne Stanzak, langjähriges Mitglied im Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, in einem Video-Tutorial auf „concert.arte.tv/nelkenline“.
Hier im Überblick noch einmal alle Informationen, damit sie von dieser wunderbaren Ausstellung nichts verpassen, die im übrigen auch vom 15.09.2016 – 09.01.2017 im Martin-Gropius-Bau Berlin gezeigt wird.
 
 
 
„O-Ton Pina Bausch - Interviews und Reden“
Pina Bausch Edition 0I - herausgegeben von Stefan Koldehoff und der Pina Bausch Foundation
 
© 2016 Nimbus Verlag, Schweiz400 Seiten Fadenheftung, mit 11 Abbildungen
29,80 €, 32,00 CHF - ISBN: 978-3-03850-021-6