Am allerbesten: gar nicht erst hingehen

„Rock The Kasbah“ von Norman Lewinson

von Renate Wagner

Rock The Kasbah
(USA 2015)

Regie: Barry Levinson
Mit: Bill Murray, Bruce Willis, Kate Hudson , Zooey Deschanel, Leem Lubany u.a.
 
Satiren über Kriegsgebiete und auch über das alberne Verhalten der Amerikaner dort gibt es immer wieder. Man muß nur aufpassen, daß nicht dumme Filme daraus werden. Aber das scheint einem doch so renommierten Regisseur wie Barry Levinson („Rain Man“! „Avalon“! „Wag the Dog“! muß man sehr sagen?) hier glatt passiert zu sein. Immerhin trägt er nicht die Verantwortung für das Drehbuch, und Mitch Glazer hat schon das eine oder andere Gute geliefert. Was ist da nur passiert? Offenbar waren alle Beteiligten, voran natürlich auch Hauptdarsteller Bill Murray, nicht ganz geschmackssicher.
 
Es ist eine überpurzelnde Satire, in der Murray (im Spät-Hippie-Look und so unverwechselbar in seinen Manierismen, daß er als klebriges Klischee dasteht) als Richie Lanz, abgehalfterter Musikmanager eingeführt wird, indem er sich eine Talentlose nach der anderen anhört und ihr die große Karriere verspricht, nachdem er ihr ein paar Start-Zahlungen abgenommen hat. Allein das Gesicht, das Murray dabei macht – und wie er lügt! Ja, das könnte funktionieren.
Aber der Film nimmt eine ganz andere Wendung, weil Versager Richie nichts anderes einfällt, als seinen einzigen verbliebenen Schützling Ronnie (Zooey Deschanel, schräg wie immer) auf eine „Truppen“-Betreuungs-Tour zu schicken. Gut, das haben die Monroe und die Dietrich einst für die Boys getan, aber da war man in zivilisierten Gegenden. Aber Afghanistan? Da ist nicht nur die Hölle, sondern der Schwachsinn los.
Wahrscheinlich tut Ronnie das Richtige, daß sie ganz schnell Leine zieht (sie kreischt ja die ganze Zeit angesichts der Verhältnisse, und man fühlt es ihr nach) – aber damit die Katastrophengeschichte noch weitergeht, nimmt sie beim Abhauen Richies Geld und auch seinen Paß mit. Also strandet er total, und natürlich müssen dann schräge Figuren wie Bruce Willis als „Bombay Brian“ (natürlich ein Söldner, wozu engagiert man Willis sonst?) und Kate Hudson als Nutte auftauchen, die Geschichte wird immer toller und dümmer, und Richies Versuche, aus Kabul herauszukommen, verfangen nicht. Was sich da in dieser Welt tut, wird „auf komisch“ vielleicht angetippt, aber Tatsächliches erfährt man natürlich nicht.
 
Die Handlung verschlägt Richie, der sich natürlich auch mit Waffenhändlern und Warlords einläßt, weil hier einfach nichts zu blöd und verblödelt sein kann, in irgendein Dorf im Nirgendwo. Und dort macht er den ultimativen Blödsinn, als er meint, er müsse seinen Beruf ausüben und aus einem schön singenden Mädchen namens Salima (Leem Lubany), das ihm über den Weg läuft, einen Pop-Star machen.
Kulturschock! Die Familie will das nicht! Das Mädchen, ein hübscher Pashtunischer Teenager, hätte naturgemäß nichts dagegen, bei der dortigen Talent-Show „Afghan Star“ mitzumachen, der Papa schon eher. Da werden die gastfreundlichen Gestalten grimmig. Und so dumm, wie Richie sich nun verhält (sagt man den Amerikanern nicht nach, sie hätten keine Ahnung von anderen Nationen?), so dumm läuft auch die Geschichte, die uns einreden will, Musik lasse letztendlich alle Herzen schmelzen…
Da nützt es auch nicht, daß sich der Film darauf beruft, diese Show gäbe es wirklich und eine junge Frau habe einen Riesenskandal erregt, als sie dort ohne Schleier auftrat. Na und? Afghanistan hat andere Probleme – und die Welt im allgemeinen und die Amerikaner im besonderen mit Afghanistan auch.
Und das ist der Film eines Mannes, der einst vor knapp 30 Jahren „Good Morning Vietnam“ gedreht hat? Die Kritiken, die Barry Levinson nun verdienterweise bekommen hat, könnten eine sensible Seele in den Selbstmord treiben. Aber wer überlebt schon in Hollywood, wenn er sensibel ist?
Irgendwann im Lauf des Geschehens fragt Bill Murray, dessen berührendes Lost in Translation unvergessen ist: „What the hell I am doing here?” Und man kann ihm nur zustimmen: Ja, was zum Teufel kann dieses Blödeln in Afghanistan (das übrigens in Marokko gedreht wurde) schon an filmischem Mehrwert bringen? Der Film nervt, Murray nervt. Am besten gleich vergessen. Am allerbesten: gar nicht erst hingehen.
 

Renate Wagner