Vor allem: laut

„Batman vs. Superman: Dawn Of Justice“ von Zack Snyder

von Renate Wagner

Batman vs. Superman:
Dawn Of Justice

(USA 2016)

Regie: Zack Snyder
Mit: Ben Affleck, Henry Cavill, Amy Adams, Jesse Eisenberg, Gal Gadot,
Jeremy Irons, Holly Hunter, Laurence Fishburne, Diane Lane, Kevin Costner u.a.
 
Das Zauberwort heißt „Extended Universe“. Ja, die Welt der Comics ist ein Universum für sich, Millionen, ja Milliarden Anhänger überall auf der Welt, Milliarden Umsatz zusätzlich zu den gezeichneten Heftchen, seit man die ganzen Helden auf die Leinwand bringt. Etwas ausgelutscht scheinen sie möglicherweise nur dem Kritiker. Dem fällt gleich der alte Spruch ein: Gurken sind gut, Marmelade ist gut, wie gut müssen erst Gurken mit Marmelade sein?
Aber ganz stimmt es natürlich nicht – Batman und Superman sind ja Kinder aus einem Comic-Geist, folglich keine besonderen Geisteskinder und folglich… für viele Fortsetzungen gedacht. Soll sein, daß sie auch gemeinsam auftauchen, wo doch einer ohnedies die Kassen füllt? Wenn ich Jonas Kaufmann habe, brauche ich nicht noch die Netrebko drauf, weil mehr als „ausverkauft“ nicht geht? Egal, Hollywood ist auf seiner Spur der grenzenlosen Ausreizung der Blockbuster-Figuren… Vorgeplant ist da schon bis 2020.
 
Also, einzeln waren sie alle schon da, folglich paart man sie nun – und denkt sich über die Comics hinaus weitere Geschichten aus. Allerdings sollte einem dazu mehr einfallen als hier. Regisseur Zack Snyder läßt allerdings so viel ohrenbetäubende und zerstörerische Action auf den Kinobesucher los, daß die Produzenten des Streifens die Hoffnung hegen dürfen, es werde diesem gar nicht auffallen, wie dünn die Geschichte ist – und wie blaß vor allem die neuen (halbneuen) Helden ausgefallen sind.
Christian Bale, o Du unser „Dark Knight“ Batman, wo bist Du? möchte man weinen, aber dieser, in drei Filmen von Christopher Nolan das, was alle Vorgänger (Michael Keaton, Val Kilmer, George Clooney) nicht geschafft haben, nämlich ideal – dieser Schauspieler hat sich auf das neue Unternehmen nicht eingelassen. Warum nun ausgerechnet Ben Affleck, der nicht mehr jung ist (und das mit grauen Schläfen zugibt) und den man (warum eigentlich?) mit einer Menge zusätzlicher Kilo „gewichtig“ gemacht hat, was ihm nicht steht und ihn als „Flugobjekt“ nicht tauglicher und überzeugender macht? Nun, er ist eben ein älter gewordener Bruce Wayne, dessen herausragendste Qualität ein neuer Butler ist: Nichts gegen Vorgänger Michael Caine, das war erste Sahne, aber Jeremy Irons nun ist die allererste, mit sanfter Ironie das darstellerische Juwel des Films. Damit sich Leute, die unter dem ganzen Krawall auch noch auf Schauspieler sehen, freuen können
 
Also, Batman / Affleck sieht zwar überzeugend tragisch drein (schließlich hat er als Junge die Eltern verloren, die vor seinen Augen gemordet wurden, was man mehrfach in Rückblende sieht), aber man kann nicht sagen, daß er im Fledermaus-Kostüm gute Figur macht oder daß er sich sonderlich behende bewegt. Wenn alle künftigen Batmans im „Extended Universe“ so aussehen, hat man nicht gerade die beste Lösung gefunden.
Superman war schon im ersten Film der „Extended Universe“-Serie, „Man of Steel“ (2013), der damals 30jährige Brite Henry Cavill, ohne daß man sich die Entscheidung hätte groß erklären können. Nach viermal Christopher Reeve hatte man bei einem neuen Versuch mit Brandon Routh so falsch gegriffen, daß die Figur „ruhte“. An Cavill (eigentlich ein Schauspieler ohne Eigenschaften) will man nun festhalten, obwohl er nicht vor Persönlichkeit sprüht. Immerhin hat man den Unterschied zwischen dem so „brav“ wirkenden, brillentragenden idealistischen Journalisten, den er als „Clark Kent“ verkörpert, und der fliegenden Super-Retter-Figur auch optisch herausgearbeitet – als letzterer sieht er auch entschieden grimmiger drein.
Aber kurz gesagt: Daß Batman und Superman in Gestalt dieser Schauspieler nun das wären, war man sich für die nächsten Jahre (wenn noch viele, viele Filme kommen sollen) vorstellte – das könnte man angesichts dessen, was sie in „Batman v Superman: Dawn of Justice“ sehen lassen, nicht sagen.
Batman und Superman, jeder hat seine Welt für sich. Jetzt noch sämtliche Nebenfiguren zu mixen, das wäre wohl wirklich zu weit gegangen. Während Batman, wie erwähnt. „nur“ den erwähnten Butler Alfred bekommt, spielt das Superman „Personal“ mit, zudem in jenen Besetzungen, die man schon aus „Man of Steel“ kennt: die Journalistenkollegin und zugleich das Love Interest Lois Lane (Amy Adams ist hier so langweilig wie noch nie, offenbar aus Mangel an Herausforderung, kennt man sie doch sonst als besonders spritzige und differenzierte Darstellerin); Laurence Fishburne als Chefredakteur Perry White beim „Daily Planet“ in Gotham City (die gehört ja nun wiederum zu Batman…); Diane Lane und in einem Auftritt Kevin Costner als Clark Kens Zieheltern.
 
Der Bösewicht des Films ist nicht Batmans Gegner „Joker“ (keine Angst, an einem Film mit ihm wird schon gedreht), sondern wieder einmal Supermans Alptraum Lex Luthor (Gene Hackman unvergessenen Angedenkens). Der ist mit Jesse Eisenberg nun vorzüglich besetzt, auch seiner Jugend wegen. Dieser halb charmante, halb verrückte Wissenschaftler stiehlt den blassen Superhelden, die er mit Karacho auf einander hetzt, mühelos die Show. (Wobei man einräumen muß, daß verrückte Wissenschaftler zu spielen für jeden halbwegs fähigen Schauspieler eine leichte Übung ist.)
Wie kriegt man Batman und Superman, die ja eigentlich beide „die Guten“ sind, dazu, sich gegenseitig ausschalten zu wollen? Nun, indem Lex Luthor Supermans Mutter kidnappt. Bedingung für deren Leben: Schalte Batman aus. Dabei hat der böse Luthor mit seinen Weltbeherrschungsplänen ja eine viel schärfere Gegnerin in einer Dame: Holly Hunter ist eine kämpferische Senatorin, die den Plänen scheinbaren wissenschaftlichen Fortschritts (der nur auf Macht und Zerstörung aus ist) entgegen tritt. Die einst so attraktive Holly ist sehr schmal und mager geworden, grimmig und spitz, und sie „mahlt“ die Sprache (in der Originalfassung zu beurteilen), als hätte sie ein schlecht sitzendes Gebiß im Mund. Oder vielleicht ist das ein bewußt gesetzter darstellerischer Effekt?
 
Ja, daß wir es nicht vergessen: Da ist auch noch Wonder Woman, eine andere Figur aus dem Comic-Franchise, sonst wäre der weibliche Anteil (mit der blaß-braven Lois Lane und der leidenden Mama) eindeutig unterrepräsentiert: Die ebenso sexy wie kämpferische Dame, die im Zweifelsfall ihre altmodischen, aber wirkungsvollen Waffen zieht, ist mit der bis dato unbekannten Israelin Gal Gadot ausgesprochen attraktiv besetzt. Der Ruhm wird sich schnell einstellen, wenn „Wonder Woman“ (auch schon in Planung!) einen eigenen Film bekommt…
Natürlich schlagen sich Batman und Superman erst einmal nicht tot, schließlich hieß beider Mutter „Martha“ – und das verbindet ergriffen vor dem finalen Schlachtfest. Außerdem hat Lex Luthor ein übliches, Kingkong-artiges, mit Schleim bedecktes Riesenmonster geschaffen, das schon drei Gegner braucht, damit es untergeht.
Was Zack Snyder zu diesem Zweck (aber schon vorher und den ganzen Film hindurch) an lauter und zerstörerischer Action auf der Leinwand entfesselt, ist wieder einmal bemerkenswert. Erstaunlich bleibt dabei nur, wie gerne sich ein amerikanisches Publikum im Kino ansieht, was bereits tragische Wirklichkeit geworden ist – die mit geradezu perverser Lust ausgemalte Zerstörung ihrer Städte… Tatsächlich wird 9/11 zu Beginn und auch am Ende (mit einer großen Lichter-Prozession) nahezu überdeutlich beschworen. Aber woher sollen heute die rettenden Superhelden kommen? Donald Trump vielleicht…? Mit solch trüben Erkenntnissen verläßt man den Film nach lauten zweieinhalb Stunden.
Übrigens – man darfs verraten, es spricht sich schnell herum. Am Ende ist Superman tot. Jedenfalls stehen wir an seinem Sarg. Aber, keine Angst, in der Besetzungsliste von „The Justice League“ (für 2017 angekündigt) steht er schon wieder groß drin. Batman auch. Mit den selben Darstellern wie hier. Wer sich an die beiden in diesem Film gewöhnt hat – sie bleiben erhalten.
 
 
Renate Wagner