Das Abenteuer Buch

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Das Abenteuer Buch
 
Ein Kunde betritt eine Buchhandlung. Seine Wünsche sind vielfältiger Art. Das geht von Kurzwaren:
„Wo sind bitte die Goldmann-Taschentücher?“
über den täglichen Bedarf:
„Ist hier die Tagebuch-Abteilung?“
bis hin zu Hehler-Ware:
„Wo haben Sie denn hier die Raubdrucke stehen?“.
Oft sind die Wünsche des Kunden weitab von einer kaufmännischen Sicht der Dinge:
„Kann ich DVDs auch zur Ansicht bestellen?“
Manchmal ist in der Frage auch ein neues Literatur-Konzept enthalten, das überdenkenswert scheint:
„Ich suche Gedichte, so ne Anthologie, aber keine Lyrik“
In dieser Abteilung sind denn auch die Autoren anders sortiert:
„Wo steht denn Fontane? Unter T?“!
und:
„Herder, Piper, Fischer...wo sind denn die anderen Autoren?“.
 
Manchmal ist er ratlos. Da steht er im Laden, er will ein Buch abholen, weiß aber nicht, wo, er schaut sich verzweifelt um und fragt: „Können Sie mir sagen, wo ich mich hinrichten kann?“.
Dagegen sind manche Wünsche von Kunden sehr verständlich. Und das gleich aus doppelter Sicht: aus literarischer UND kaufmännischer:
„Ich wollte dieses Buch umbringen!“.
 
Nun ist er also drin im Laden, nehmen wir mal an: er hat sogar die richtige Abteilung gefunden, und versucht, dem Buchhändler klar zu machen, was er sucht. Wir wissen: dieses ist ein schwieriges Feld. Die Frankfurter und die Leipziger Buchmesse schütten uns jährlich mit Zehntausenden von neuen Titeln und Autoren zu, Funk, Fernsehen und Presse verstärken die Verwirrung und Elke Heidenreich ist auch nicht immer DER Wegweiser. Es geht ihm also einiges durcheinander im literaturbenebelten Hirn. Und heraus kommt dann eine Mixtur, die göttlich zu nennen eine Untertreibung wäre.
Da ist einer ein begeisterter Tänzer und was will er haben? Natürlich
„Den Stepp-Wolf von Hesse“.
Ein Autonarr sagt:
„Ich hätte gern den Fiesta vom Hemingway“
ein Asket sucht
„Der Mann ohne Ansprüche von Musil“
und ein Karnevalsmuffel sucht von
„Mitscherlich: Die Unfähigkeit zu feiern“.
In einer Zeit, in der eh alles irjendswie miteinander zusammenhängt, völlig in Ordnung.
Und daß einem im Zeitalter der Abkürzungen und Organisationen manchmal was durcheinandergerät, wer mag da richten?
 
„Ich suche von Lessing: Nato der Weise“
oder
„Unesco: Die Stühle!“.
 
Oft aber ist es so, daß die Bücher offensichtlich in den falschen Abteilungen herumstehen.
In die Abteilung: Ratgeber Geld gehört ein Werk wie:
„Ich suche von Theodor Storm: Der Schimmelpfennig“.
Zur Science fiction:
„Caesar: bellum galacticum“.
In die Abteilung „Unser schönes Hessenland“:
„Goethe: Iphigenie im Taunus“, ich meine: jot, hä wor jo us Frankfurt, ne, es sei denn, daß sich dahinter doch eher ein Bildband über den alten Ford Taunus...
In die Art deco Abteilung gehört, wer von
„Dante: Die göttliche Kommode“ sucht.
Wo aber steht von
„Bert Brecht: Mutter Theresa“?
Oder:
„Molière’s ‘Eingebildeter Franke’“?
 
In diesen Zusammenhang, also zur Literatur für den kleinen heimlichen Tisch in der Porno-Nische, gehören auch Werke wie:
„Mahmoody: Ohne meine Mutter geht es nicht“
und das Geniale, das Lebenswerk einer Autorin absolut auf den Punkt bringende:
„Ich suche von Anais Nin: Die verbogenen Früchte“!!!
 
Zum Glück gibt es da noch die Reise-Atlanten- und Geographie-Abteilung.
„Ich brauche eine Weltkarte, auf der hauptsächlich die asiatischen Länder sind“.
Die entrüstete Frage:
„Haben Sie denn keinen Stadtplan vom Siebengebirge?“
ist auch nicht von schlechten Eltern, den Vogel aber hat ein Schüler abgeschossen, der folgendes verlangte:
„Ich hätte gern nen Globus - aber nur von Europa!“.
 
 
So, und jetzt ab in die nächste Buchhandlung!
 
In diesem Sinne
Ihr
Konrad Beikircher

 
Redaktion: Frank Becker