„Plasters“

Henry Moore im Skulpturenpark Waldfrieden

von Jürgen Kasten - Fotos: Frank Becker

Large Interior Form, 1981/82 - Foto © Frank Becker
„Plasters“

 
Henry Moore im Skulpturenpark Waldfrieden

Henry Moore, 1986 achtundachtzig jährig gestorben, modellierte seine Gipsplastiken gerne mit der Hand, bearbeitete sie nach dem Aushärten mit Feilen und Meißeln, filigranen zahnärztlichen Instrumenten oder auch mal mit einer Käsereibe. „Dies sind keine Gipsabgüsse, sondern Originale... es sind die eigentlichen Werke, die jemand mit eigenen Händen gemacht hat“, so sagte er es 1973.
 
Nach langen Verhandlungen mit der Henry Moore Foundation, gelang es Tony Cragg nun, dreißig Objekte des Ausnahmekünstlers für eine Ausstellung nach Wuppertal in seinen Skulpturenpark zu holen. Neun großformatige Gipsfiguren, teilweise farbig gefaßt, stehen im oberen Pavillon des Parks, zwei Bronzestatuen im Außenbereich und alle anderen in der unteren Ausstellungshalle.
Tony Cragg, früher nicht gerade ein Fan Moores, war 1983 zwecks Aufbau einer eigenen Ausstellung in Toronto. Dort besuchte er auch die Art Gallery of Ontorio und hatte dabei ein „Traumerlebnis“, so sagt er. Zwanzig Gipsplastiken von Henry Moore wurden gezeigt.
Seine damaligen Empfindungen beschrieb Cragg bereits vor Jahren so: „Ich war sofort begeistert von diesen energisch gearbeiteten Skulpturen mit ihren deutlichen Bearbeitungsspuren. Ein klar identifizierbarer Satz von Werkzeugen hatte seine Spuren hinterlassen, manche bewirkten  eine subtile Erosion, manche hinterließen ein ganzes Vokabular expressiver Gesten, die starken Pinselhieben glichen. … Es ist die virtuose Kontrolle dieser skulpturalen Volumen, in der Henry Moores Meisterschaft zum Ausdruck kommt. Ein Betrachter … kann sich der Erfahrung nicht entziehen, dem Werk einer großen bildhauerischen Intelligenz gegenüber zu stehen. ...“
 
In der unteren Halle des Skulpturenparks, in dem die kleineren Plastiken stehen, sitzen, liegen, schwelgt Tony Cragg in Lobeshymnen für den verstorbenen Kollegen: „Moore war einer der ersten Bildhauer, der von der anatomischen Genauigkeit abwich und trotzdem starke Frauenbilder schuf, die alles implizieren, was Frauen ausmachen...“ - und zu der geringen Größe der dort gezeigten Skulpturen: „Genialität muß nicht monumental sein.“
„Aber schön sehen sie nicht aus“, murmelt eine Besucherin. Na ja, die Kunst vollendet sich bekanntlich im Auge des Betrachters. Und es gibt viel zu sehen. Auch monumentale Werke, wie zum Beispiel die Bronzestatue „Large Interior Form“ aus den Jahren 1981/82, die fünf Meter hoch auf der Wiese zwischen Pavillon und Villa Waldfrieden aufragt. Sie verbleibt dort als Dauerleihgabe. Auf dem Wiesenhang gegenüber der Villa sitzt eine alte Bekannte „Draped Seated Woman“. Den Wuppertalern besser bekannt als „Die Sitzende“. In den Fünfziger Jahren schuf Moore sie speziell für Wuppertal. Ursprünglich saß sie vor der Schwimmoper, später dann vor dem Schauspielhaus und zuletzt im Foyer der Schwimmoper. Im Herbst unternimmt sie zwar noch einen Ausflug in Landesmuseum Münster zur Ausstellung „Henry Moore. Impuls für Europa“ (11. November 2016 bis 19. März 2017), wird aber letztlich als Leihgabe der Stadt Wuppertal „bis auf weiteres“ in den Skulpturenpark Waldfrieden zurückkehren.

Bis zum 09. Oktober 2016 sind der Skulpturenpark und die Henry Moore Ausstellung Dienstag bis Sonntag und an allen Feiertagen von 10 – 19 Uhr zu besichtigen.


Draped Seated Woman 1957/58 - Foto © Frank Becker


Reclining Figure: Angels 1979 - Foto © Frank Becker

 
  Three Way Piece No. 1: Points 1964-65 - Foto © Frank Becker

 
  Working Model for Devided Oval: Butterfly 1967 - Foto © Frank Becker

 
  Reclining Figure No. 7 1980 - Foto © Frank Becker
 

  Stringed Figure 1938 - Foto © Frank Becker


Weitere Informationen: www.skulpturenpark-waldfrieden.de