„Zu kalt wird das Licht, um zu denken.“

Lukas Mundas präsentiert sich mit Horváth

von Martin Hagemeyer

Foto © Sebastian Eichhorn

„Zu kalt wird das Licht, um zu denken.“
Ensemble-Neuling präsentiert sich mit Horváth
 
Ein Kind unserer Zeit. Nach dem Roman von Ödön von Horváth.
Es spielt: Lukas Mundas.
 
Szenische Einrichtung: Maik Priebe - Regieassistenz / Abendspielleitung: Alexander Bangen -  Licht: Henning Priemer - Ton: Thomas Dickmeis - Veranstaltungstechnik: Holger Stuffmann.
 
Lukas Mundas ist neu im Schauspielensemble der Wuppertaler Bühnen, und sein „Visitenkarten“-Solo ist „Ein Kind unserer Zeit“. Es basiert auf einem Roman, der gleichnamigen Geschichte eines Soldaten von Ödön von Horváth. Aber was Mundas daraus macht, ist vor allem die Begegnung mit einem jungen Mann – zeitlos und wuchtig.
Es fällt nicht ganz leicht, den Spielort beim Gesamteindruck in die zweite Reihe zu verweisen. Denn der Zuschauer hockt in den Katakomben der einstigen „Konsumgenossenschaft 'Vorwärts'“ irgendwo in Barmen, bei Aprilfrost zudem bibbernd, weil Beheizung einst zum kollektiven Lagern und Handeln nur hinderlich gewesen wäre. Nackte Mauern, Stahlstützen, manchmal tropft es. Dominant wirkt diese Kulisse … nur daß es keine ist.
Und man muß nicht zu viel hineininterpretieren in die seltsame Spielstätte (die heute übrigens liebevoll mit Tee und Gebläse erträglich gemacht wird). Der Text zielt zwar ursprünglich aufs Hitlerregime an, und eine NS-Vergangenheit hat auch diese Adresse. Aber statt zu lokalisieren macht diese Situation den Text eigentlich gerade abstrakt. Genug also zur Verortung: In den Fokus gehört der wütende Kerl zwischen den Mauern, denn der spricht an und nimmt ein, mit klarer Kontur.
 
Mundas, der dem Regisseur Maik Priebe für die szenische Unterstützung dankbar ist, gibt einen trotzigen Heißsporn: Kriegsheimkehrer, ein Arm verloren, unwürdig beim Vater einquartiert; doch stolz bis zur Verstocktheit. „Nicht denken, sondern handeln! Der Krieg ist der Vater aller Dinge!“, dekretiert er mit fester Miene. Unbeirrbar selbst wo derlei Sendungsbewußtsein schmerzlich zusammenprallt mit der Realität, mit dem eigenen Leiden: „Es darf nicht sein“, beharrt der Versehrte, im gleichen Ton und rührend in seiner Widersprüchlichkeit, „daß der Einzelne keine Rolle mehr spielt.“ Denn was kann der dafür, wenn ihm in den Wirren von Zeit und Krieg die Überzeugungen um die Ohren fliegen, während er sich doch gerade für die Nachbarin mit ihrem irgendwann vertrauten Grammophongedudel zu interessieren beginnt.
Und da kommt denn für Mundas doch der Ort ins Spiel: Der Haufen Eisenstangen (anscheinend Originalinventar der Konsumgenossen) hält lebendig her als Mobiliar, die Mauerbögen im Hintergrund werden zu imaginierten Schaufenstern voll „Schuhen und Puderquasten“. Noch nicht oft wird der Absolvent frisch nach der Schauspielschule Gelegenheit gehabt haben, sich Schritt für Schritt ein Spielfeld wie dieses zu erobern, und er nutzt sie stark und kreativ.
 
In Kooperation mit dem Förderverein Konsumgenossenschaft „Vorwärts“, Münzstraße e.V.
Weitere Vorstellungen: 4., 14. Mai, jeweils 20.00 Uhr. Die Termine am 18. Mai und 10. Juni sind bereits ausverkauft.
 
Weitere Informationen:  www.wuppertaler-buehnen.de