Diese Lulu singt mit großer Schönheit Wuppertaler „Lulu“ von Beate Baron
überzeugt trotz einiger dramaturgischer Schwächen
Oper von Alban Berg. Fassung des 3. Aktes von Friedrich Cerha. Text nach Frank Wedekinds „Erdgeist“ und „Die Büchse der Pandora“. In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln.
Musikalische Leitung: Toshiyuki Kamioka - Inszenierung: Beate Baron - Bühne: Elisa Limberg - Kostüme: Marie Gerstenberger - Photos: Uwe Stratmann
Besetzung: Lulu (Martina Welschenbach) – Der Medizinalrat/ Der Professor (Claus Rentzelmann) – Der Maler/ Der Neger (Johannes Grau) – Dr. Schön/ Jack the Ripper (Ralf Lukas) – Alwa (Arnold Bezuyen) – Gräfin Geschwitz (Kathrin Göring) – Ein Tierbändiger/ Ein Athlet (Christian Tschelebiew) – Schigolch (Martin Blasius) – Der Prinz/ Der Marquis (James Wood) – Ein Gymnasiast/ Ein Groom (Sandra Borgarts)
Statisterie; Sinfonieorchester Wuppertal
Lulu weiß, daß sie etwas Besonderes ist. „Ich bin ein Wunderkind“, sagt sie von sich. Wohl deshalb gab Beate Baron in ihrer Inszenierung der „Lulu“-Oper dem „Wunderkind“ ein staunendes Publikum. Nachdem der Tierbändiger im Clownskostüm ihren Auftritt ankündigte, betraten weitere Clowns mit aufgemaltem breitem Grinsen die Bühne. Stumm beobachteten sie, wie Lulu – unberührt von Moral und Anstand – eine Riege von Liebhabern zugrunde richtete.
Dabei ist Lulu in Barons Lesart mehr als eine „femme fatale“. Auf der Wuppertaler Opernbühne lief die Handlung wie ein Pygmalion-Experiment ab, das immer wieder von neuem scheitert. Nelly, Eva, Mignon – Männer versuchen Lulu auf einen Namen, eine Identität festzulegen. Doch ihr Geschöpf hatte seinen eigenen Willen. Und eine Liebessehnsucht, die keiner stillen konnte.
Das mußte auch Dr. Schön erfahren, der Lulu einst von der Straße holte. Aus dem Zweikampf, der mit seiner Ermordung endete, machten die beiden Darsteller eine musikalische Glanzleistung. Denn Martina Welschenbachs Sopran büßte selbst bei aufregend schwierigen Läufen nichts von seiner Klangschönheit ein. Ebenbürtig agierte ihr Gegenspieler Ralf Lukas mit voller, runder Baritonstimme.
Auch das übrige Ensemble brachte Alban Bergs Partitur, die beständig zwischen Singen und Sprechen, Zwölftontechnik und lyrisch-liedhaften Tönen oszilliert, voll zur Geltung. Allen voran die großen Partien. Als Schöns Sohn Alwa hatte Arnold Bezuyen eine bis in die Höhen sichere Tenorstimme zu bieten. Martin Blasius' vibrierender Baß paßte zu Schigolch, der respektgebietenden Vaterfigur. In der Rolle der Gräfin Geschwitz sorgte Kathrin Göring für einen leidenschaftlichen Abgesang auf die tote Lulu. Vom jungen Tenor Johannes Grau, der einen ihrer unglücklichen Ehemänner verkörperte, hätte man sich freilich etwas mehr Stimmkraft gewünscht.
Gut aufgelegt waren auch der scheidende Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka und sein Orchester. Die Musiker boten den Sängern eine formvollendet schlanke Begleitung an. Dafür gab’s im fast ausverkauften Opernhaus stürmischen Applaus.
In den Beifall mischten sich einige Buh-Rufe für die Regisseurin. Nicht ganz zu Unrecht. In mehr als drei Stunden Bühnenhandlung sah man Gelungenes und weniger Gelungenes. Der Auftritt der Clowns, der die Zirkusatmosphäre des Prologs aufnahm, war schlüssig. Ebenso die stummen Rollen von vier Mädchen, die in der Maske der vielgestaltigen Lulu auf der Bühne saßen.
Alles andere als zündend war hingegen die Idee, die Darsteller im zweiten Akt mit Fernglas und Flinte durch eine Dschungellandschaft stapfen zu lassen. Die Jagd auf Lulu („Cherchez la femme“!) und das gegenseitige Belauern ihrer Liebhaber hatte solch eine Illustration gar nicht nötig. Das Spiel der Darsteller war auch so stark genug.
Weitere Aufführungen:
Die Wuppertaler „Lulu“ ist am Donnerstag, 26. Mai, und noch einmal am Sonntag, 29. Mai, zu sehen. Beginn ist jeweils um 16 Uhr.
Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de
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