Krimi und Kulinarik - rundum gelungen

Ulrich Land – „Lolitas späte Rache“

von Jürgen Kasten

Bildunterschrift
Lolitas späte Rache
 
Ulrich Land, Autor von Hörspielen, Essays und Features für verschiedene Rundfunksender, schreibt auch Lyrik, Erzählungen und seit einigen Jahren in schöner Regelmäßigkeit Kriminalromane. Und das sind nicht einfach nur Kriminalgeschichten, sondern historisch verbürgte Themen, in denen er geschickt Wahrheit und Dichtung zu spannenden Handlungen verknüpft.
Sein vor kurzem veröffentlichter Roman „Lolitas späte Rache“, ein Quer-durch-Europa-Krimi mit Rezepten, handelt von der Familie Nabokov und natürlich von der Kindfrau Lolita.
Ulrich Land läßt die Geschichte am 28. März 1922 in der Berliner Philharmonie beginnen. Senator Nabokov wird während eines Attentats, das gar nicht ihm galt (oder doch?), erschossen. Er war der Vater des später weltberühmten Autors Vladimir Nabokov.
Land fährt die Handlung zurück bis nach St. Petersburg, bis in die Kindheit Vladimirs, weilt bis 1916 in der Stadt, streift die russische Revolution, erzählt von der Flucht der Familie Nabokov auf die Krim, wo der Senior kurz Minister war, von dort weitere Flucht nach Berlin.
Von Kapitel zu Kapitel wechseln die Zeiten und die Szenerien. Im Berlin der zwanziger Jahre agieren zaristische Exilrussen und die revolutionären Kommunisten. Bis zum Attentat hin baut Ulrich Land ein spannendes Verwirrspiel auf, bei dem man nicht weiß, welche Rolle Vladimir Navokov darin angenommen hat.
Der zweite Handlungsstrang spielt in der Dachsuite des Palace-Hotel im Schweizer Montreux des Jahres 1991. Vera Nabokov, Witwe des Autors Vladimir, verbringt dort im Luxus den Rest ihrer Tage im Rollstuhl. Körperlich gebrochen, aber geistig voll auf der Höhe, drängt sich mit breiten berlinerisch parlierend Belinda in ihr Leben. Sie weiß Unangenehmes zu berichten und fordert für ihr öffentliches Schweigen Geld, viel Geld.
Ulrich Land hat die Familiengeschichte der Nabokov gut recherchiert und ihnen einen interessanten Charakter in Gestalt des treuen Dieners Salewski zur Seite gestellt. Der ständige Wechsel der Erzählebenen macht das Lesen spannend und bewegt. Dazu spielt Land wie immer mit der Sprache, fügt erfundene Wörter ein oder reiht Adjektive aneinander, die es so nicht gibt, die aber einfach Spaß machen. Seine Belinda läßt er durchgehend in authentischem berlinerisch sprechen. Nur wenn sie einen Satz besonders hervorheben will, befleißigt sie sich des Hochdeutschen. Höhepunkte des Erzählens sind darüber hinaus geschilderte Szenen aus Kneipen oder etwa von der Rennbahn und dem Wettbüro. Die Liebe zum Detail zeichnet den Autor aus. Ebenso die Genauigkeit, mit der Vera Nabokovs Dachsuite im Hotel bedacht wird, mit der grandiosen Aussicht, die damit verbunden ist. Ulrich Land hat es sich nicht nehmen lassen, diese Örtlichkeit persönlich zu besichtigen und auch einen Blick in die Hotelküche geworfen, wobei er natürlich auch Menükarten studierte.
Der Krimireihe des Oktober Verlages ist zu eigen, im Anhang Rezepte vorzustellen, die aus den Regionen der Handlungsorte stammen. So findet man auf fünfundfünfzig zusätzlichen Seiten individuell gestaltete Kochanweisungen für Soljanka bis hin zu Gebratenem Entenfilet mit Himbeer-Honig-Glasur und Polenta, versehen mit Ulrich Lands Kommentaren.
Ein rundherum gelungenes Buch. Zum Lese-Genuß gesellt sich der kulinarische – guten Appetit.
 
Ulrich Land –Lolitas späte Rache“
Quer-durch-Europa-Krimi mit Rezepten
© 2016 Oktober Verlag, Münster, 323 Seiten, Klappenbroschur  - ISBN: 978-3-944369-64-8
16,90 €, E-Book 5,99 €
 
Weitere Informationen: www.oktoberverlag.dewww.ulrich-land.jimdo.com/  - dort finden Sie auch Lesetermine quer durch das Land.