"Aus der Fremde"

NRW-Bühnen thematisieren Exilanten-Schicksale

von Andreas Rehnolt

www-musenblaetter.de
NRW-Bühnen thematisieren zunehmend Exilanten-Schicksale
Auch die international renommierte RuhrTriennale steht in diesem Jahr unter dem Thema "Aus der Fremde"


Düsseldorf - Die Theater an Rhein und Ruhr thematisieren derzeit verstärkt Schicksale von Flüchtlingen, Asylbewerbern oder Exilanten. Anfang Februar etwa hatte am Kölner Schauspielhaus das Stück "Fremdes Haus" von Dea Loher Premiere. Es handelt nach Angaben von Regisseurin Jette Steckel von einem "verdammt gottverlassenen Viertel" irgendwo in Deutschland, wo sich die beiden mazedonischen Exilanten Jane und Risto treffen.
Es geht um Anpassung, Ausnutzung, verdrängte Geschichte, Schuld und Verrat und geriet in zu langen zwei Stunden Spielzeit vor allem düster und am Ende mit einem verzichtbaren erhobenen Zeigefinger, der klar machen sollte, das auch die bislang nicht Angepassten "Fremden" im Zuge ihrer Integration ihre Kanten und Ecken verlieren werden. Ursprünglich wollte Steckel nach Angaben des Theaters ein Stück über illegale Zuwanderer in Deutschland auf die Bühne bringen, soll jedoch zu diesem Thema keinen rechten Zugang gefunden haben.

Ebenfalls am Kölner Schauspielhaus, wo seit Spielzeitbeginn Intendantin Karin Beier mit einem teilweise multikulturell besetzten Ensemble für den Spielplan verantwortlich zeichnet, gibt es am 15. Februar ein Gastspiel des Stücks "Der Asylbewerber". Die Inszenierung entstand am NT-Theater in Gent und beruht auf dem Roman "Der Vogel ist krank" von Arnon Grünberg. Das Stück handelt nach Angaben des Theaters von einem Schriftsteller, der seine Tätigkeit gegen den Job eines anonymen Übersetzers von Gebrauchsanweisungen eintauscht und gleichgültig wird gegenüber einer Welt, die immer mehr in Flammen steht. Am Ende, als seine von ihm ständig betrogene Frau einen Asylbewerber heiratet, flüchtet der ehemals gefeierte Autor mit dem neuen Mann seiner Frau in die Realität, heißt es im Programmheft.

Am Theater Aachen hat "Der Asylsucher" von Koen Tachelet am 7. März Premiere. Wie Theatersprecherin Ursula Schelhaas mitteilte, wird das Stück hier von Albrecht Hirche als eine faszinierende Reise in die Vergangenheit und eine poetische Geschichte über die Liebe in Szene gesetzt. Tachelets Theaterfassung sei eine "sprachlich ausgefeilte, erschütternde Gratwanderung zwischen Realität und Fiktion", heißt es im Aachener Spielplan im Vorfeld der Premiere.

Das seit gut zwei Jahren begeisternde Ensemble des Essener-Grillo-Theaters beschäftigt sich ab dem 6. Februar im politischen Salon mit "Multikulturalität versus Parallelgesellschaften". In der Moderation von Anne Broden vom Info- und Dokumentationszentrum Antirassismus-Arbeit in NRW sollen Fachleute und Publikum über Erfahrungen der Integrationspolitik ins Gespräch kommen. Dabei soll es auch um gewünschte und ungewünschte Resultate der Integration vieler Zugewanderter gehen, mit denen Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft an Rhein und Ruhr täglich konfrontiert werden. Das Theater an der Ruhr in Mülheim hat "Mutter Afrika" von Ad de Bont auf dem Spielplan. In der Inszenierung geht es am 25. und 26. Februar um Kolonialismus, Rassismus und die bis heute wirksamen Muster von Abhängigkeit und Gewalt.

"Flüchtlinge im Ruhestand" ist der Titel eines Theaterprojekts ebenfalls am Essener Grillo, das sich in der Inszenierung von Mirjam Strunk mit Transit-Experten aus Bosnien, Burma, Deutschland, Indien, dem Kongo, Ruanda und Russland auseinandersetzt und am 7. März Premiere haben wird. Es geht dabei nach Angaben der Regisseurin um Menschen, die ihre Heimat verlassen haben und mitunter ihr Leben riskiert haben, um ein besseres Leben oder alternative Lebenskonzepte für das Alter zu finden. Sie sind vor Krieg, Völkermord, Unterdrückung oder Perspektivlosigkeit aus ihren Ländern nach Europa und nach Deutschland geflohen und am Ende in der Revier-Metropole gelandet. Die acht Fluchtexperten erzählen von ihren Aufbrüchen und Erwartungen, von Fluchtplänen- und Wegen, von Grenzen und ihren Überschreitungen.

Wie wichtig die Theatermacher hierzulande die Themen Migration, Asylpolitik und Flüchtlingsarbeit nehmen, zeigt auch die diesjährige Ausgabe des renommierten Kulturfestivals "RuhrTriennale" im Revier. Sie steht unter dem Motto "Aus der Fremde". Am 24. April wollen die Verantwortlichen des weit über die deutschen Grenzen hinaus bekannten Festivals das Programm für die Spielzeit vom 22. August bis 5. Oktober bekannt geben. Die RuhrTriennale setzt sich in ihrer aktuellen Ausgabe mit unterschiedlichsten Erfahrungen des Fremdseins auseinander. Sei es Emigration, sei es der fremde Blick von außen oder auch die Distanz, mit der man gelegentlich sich selbst oder anderen gegenüber steht. Sechs Wochen lang werden wieder viele internationale Künstler zu Gast an der Ruhr sein. Mehr als 100 Musik- und Theatervorstellungen, Tanz und Literatur werden an verschiedenen Spielstätten in Bochum, Essen, Duisburg und Gladbeck auf dem Spielplan stehen.

www.ruhrtriennale.de
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