Was Träume uns bedeuten

von Lars von der Gönna

© Heiko Sakurai
Was Träume uns bedeuten

Früher dachte ich immer, Träume sind Träume. Aber ich war jung und unbedarft. Wußte nichts davon, daß sich in jenen dämmrigen Stunden, da wir uns noch einmal umdrehen, alles, aber auch wirklich alles offenbart. Später lernte ich Träume zu deuten, Fachliteratur fand ich beim Frisör. Manche Träume nannten Experten eindeutig: wenn Menschen irn Traum flogen; „Der Traum ist erotisch“. Sehnsucht und so. Kriegerwitwen hatten ihn. Oder wenn man nichts anhat und die anderen das sehen. Der Traum handelt von Schutzlosigkeit. Menschen in den Zahnrädern des Kapitalismus kennen ihn.
Seither ist es mir unmöglich zu träumen, ohne darüber nachzusinnen - morgens, versteht sich. Natürlich gibt es Standardsituationen zwischen Zahnputz und Erwachen. Man muß dringend zu einem Termin, aber alle Türen sind zu. Der Traum handelt, sagen Fachleute, von Körperöffnungen. Oder man geht stundenlang mit Zollstock durch ein Zimmer. Das heißt, daß nahende Pläne sehr schwer zu verwirklichen sind.
Am liebsten sind mir die konkreten Träume. Ich habe schon eine ganze Nacht Marmelade gekocht (Experten: „Nichts kann Ihr häusliches Glück trüben.“). Oder stundenlang für eine Hexe Frühstück gemacht („Haben Sie Verwandtenbesuch?“). In anderen Träumen kennt man alle persönlich, also ohne Hitler und Dolly Buster. Und immer sind sie die Ausbeute des Unerfüllten.
Neulich präsidierte ich träumend im Kantinenausschuß. Ich hatte zwei Wünsche. 1. Die Damen sollten in Hotpants servieren. 2. Das Essen sollte ab sofort schmecken. Der zweite wurde gleich erfüllt!
Da öffnete ich die Augen: Wenn´s zu unwahrscheinlich wird, wache ich meistens auf.
 


© Lars von der Gönna - Aus dem Buch „Der Spott der kleinen Dinge“
mit freundlicher Erlaubnis des Verlags Henselowsky Boschmann und der WAZ.