Notizen

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Harald Morsch
Notizen
 

1. Der gute Hirte. Sucht ein kleines Schaf sein Glück, bringt der Hirte es zurück. Denn
ein jedes Schaf vergißt, Glück ist, wo der Hirte ist.
 
2. Wolken. Da Wolken wissen, daß sie sich auf das Wort „gemolken“ reimen, nehmen sie oft die Form einer Kuh an, um junge Dichter zu inspirieren.
„Die Wolken wurden gemolken.
Es regnete plötzlich Milch!“
 
3. Die Katze. Die Katze sah genauso aus wie die Bank, auf der sie saß. Trotzdem sah man sie.
 
4. Mülleimer. Er schob den Mülleimer vor sich her, als wäre der ihm zugelaufen. Er stellte ihn angeekelt an den Straßenrand, als wäre er was Besseres. Man erkennt eine Gesellschaft auch daran, wie sie mit ihren Mülleimern umgeht.
 
5. Abfuhr. Es lohnte nicht, über ihn schlecht zu reden, es reichte, wenn man ihn anlächelte.
 
6. Bei den Bösen. Warum ist es auf der Seite der Bösen auch ganz schön? „Wir sind hier wie eine große Familie“, sagte der Böse. „Hier hilft jeder jedem und ist da, wenn jemand in Not ist.“
 
 
© Erwin Grosche